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Katarzyna Wielga-Skolimowska.

©  Institut

Gespräch mit Katarzyna Wielga-Skolimowska: „In Polen lernen zwei Millionen Menschen Deutsch“

Die Zwillingsstadt: Ein Gespräch mit Katarzyna Wielga-Skolimowska, Leiterin des Polnischen Kulturinstituts in Berlin, über die deutsch-polnischen Beziehungen und den Austausch zwischen den beiden Nationen.

Frau Wielga-Skolimowska, Sie kommen gerade aus Warschau zurück, wo sie eine Woche lang das Goethe-Institut geleitet haben, während Ihr deutscher Kollege Georg Blochmann in Berlin auf Ihrem Platz im Polnischen Kulturinstitut saß. Wie haben Sie die europäischen Verwerfungen wahrgenommen?
Natürlich hat der Brexit eine Rolle in unseren Diskussionen gespielt. Aber ich hatte vor allem das Gefühl, dass Deutsche und Polen jetzt näher zusammenrücken müssen.

Die Tauschaktion hieß „Seitenwechsel“. Wie sah das praktisch aus, was haben Sie in Warschau im Goethe-Institut gemacht?
Die Themen, über die wir diskutiert haben, reichen von Journalismus über Recycling bis zur Clubkultur in Berlin und Warschau. In der täglichen Arbeit habe ich viel gelernt. Das Polnische Kulturinstitut bietet ja nur Sprachunterricht für Kinder an, während das Goethe-Institut ganz andere Schwerpunkt hat, vor allem in der Bildung und eben mit den Sprachprogrammen. In Polen lernen zwei Millionen Menschen Deutsch.

Das ist eine ungeheuer große Zahl. Woher kommt dieses Interesse?
Deutschland ist unser nächster Nachbar, die wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen sind eng. Ich habe in dieser Woche beim Goethe-Institut in Warschau erlebt, wie unterschiedlich die Zielgruppen sind. Es gibt Menschen, die interessieren sich nur für die deutsche Sprache, aber weniger oder gar nicht für die Kultur, und umgekehrt. Man kann auch über die englische Sprache ein Deutschlandbild transportieren.

Peinlich jedenfalls: Es gibt kaum Deutsche, die Polnisch lernen.
Da haben wir Ausbaupotenzial.

Wie hat sich der deutsch-polnische Kulturaustausch in den letzten Jahren allgemein entwickelt?
Es gibt einen regen Austausch zwischen unseren beiden Ländern, und das geschieht auf hohem Niveau. Wenn aber etwas zu selbstverständlich wird, ist es vielleicht nicht mehr so attraktiv. Dann suchen die Veranstalter andere Orte und Themen, in Asien oder Afrika.

Der Kulturbetrieb hat seine Konjunkturkurven. Seit in Polen die Nationalkonservativen regieren, ist Polen hierzulande wieder ein größeres Thema. Das gilt auch für Ungarn.
Ja, Sie sehen das in den Medien. Wir leisten hier, denke ich, gute Arbeit, aber das wird dann einfach nicht so stark wahrgenommen. Und jetzt wollen alle über die Krise sprechen, ist plötzlich das Interesse wieder größer.

Nur schlechte Nachrichten sind spannend?
Es ist unsere Aufgabe, den Boden zu bereiten für gute und neue Zusammenarbeit. In der Kultur halten wir am Dialog fest, auch und gerade dann, wenn es in der Politik divergierende Positionen gibt.

In Polen gab es Maßnahmen gegen das Fernsehen und das Theater. Hat sich durch die neue Regierung Ihre Arbeit hier in Berlin verändert?
Wir machen unser Programm weiter, so wie wir es geplant haben. Es gab vom polnischen Außenministerium, dem wir unterstellt sind, neue Prioritäten für die Auslandskulturarbeit. Das ist allerdings nichts Ungewöhnliches. Das war auch schon früher so. Bei diesen thematischen Prioritäten kommt es auf die Ausführung an. Die vorgegebenen Themen müssen klug umgesetzt und den jeweiligen Orten angepasst werden, in unserem Fall ist das Berlin und Deutschland. Es muss auch für das Publikum hier interessant sein.

Was hat man sich unter solchen Prioritäten vorzustellen?
In diesem Jahr sollen wir uns verstärkt mit der Geschichte beschäftigen. Zwischen Polen und Deutschland war das sowieso immer ein entscheidendes Thema. Es geht darum, dass man nicht nur die eigene Position vertritt, finde ich, man muss versuchen, die andere Seite zu verstehen. Es ist eine wichtige Erfahrung unserer Austauschwoche, dass wir trotz unterschiedlicher Strukturen sehr viel gemeinsam haben. Beide wollen wir Plattformen für Verständigung schaffen. Ich habe zwar für ein paar Tage die Perspektive gewechselt, aber eigentlich stärker die Ähnlichkeiten gesehen.

Jetzt sitzen Sie wieder an Ihrem Platz im Polnischen Kulturinstitut in der Burgstraße, gegenüber der Museumsinsel ...
Ich schaue aus dem Fenster auf eine große Gruppe, die sich vor dem Institut sammelt. Das ist unsere Stadtführung, bei den „Twin Tours“ geht es um Warschau in Berlin, zum Beispiel um die Schlösser und die Frage des Wiederaufbaus, und das Nikolaiviertel und die Warschauer Altstadt, das Frankfurter Tor und den Kulturpalast.

Das Gespräch führte Rüdiger Schaper.

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