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Ceal Floyer (1968-2025)

© Galerie Esther Schipper / Hugo Glendinning

Jeder Biss ein Nagel: Zum Tod von Ceal Floyer

Die Konzeptkünstlerin Ceal Floyer kam Ende der 90er-Jahre nach Berlin und prägte die Kunstszene der Metropole mit. Nun ist sie mit 57 Jahren gestorben.

Stand:

Bis ich es wirklich kann – ein Satz, den niemand mehr vergisst, der ihn 2012 auf der Documenta 13 in Kassel gehört hat. „Til I Get It Right“, Jahrzehnte zuvor von Tammy Wynette gesungen, manipuliert und in Endlosschleife serviert von Ceal Floyer. Ein Satz aus einem Countrysong, der sich ins Ohr bohrt, um im Kopf nachzuwirken.

So simpel und dabei tiefgründig sind die Arbeiten der Künstlerin, die am 11. Dezember mit gerade einmal 57 Jahren in Berlin verstorben ist. Nach langer Krankheit, schreibt die Galerie Esther Schipper. Ihr Werk wird Floyer überleben und doch ganz anders wirken, weil vieles eng mit ihren Auftritten verbunden ist. Schon 2001 konzipierte sie die „Nail Biting Performance“ und brachte das Publikum an seine Grenzen: Jeder Biss in einen Nagel wuchs dank der Lautsprecher zu einer ohrenbetäubenden Geste. Nervosität, Intimität, Peinlichkeit: All das wurde in diesem Moment zu einer komplexen Melange. Scheinbar banal, tatsächlich aber mit einem schier endlosen Potenzial zum Nachdenken über die Grenze zwischen privatem und öffentlichem Handeln, über Erfolg und Scheitern.

Nur weiße Produkte

Ceal Floyer kam 1968 in Pakistan zur Welt, ab 1990 studierte sie in London an der School of Art and Design, nur ein Jahr später wechselte sie an das Goldsmiths, das Teil der University of London ist. 1997 kam sie über ein Stipendium ins Künstlerhaus Bethanien und blieb in Berlin. Den Aufstieg der Stadt zur Kunst-Metropole hat Floyer mitgeprägt, ihre feinfühligen Arbeiten waren bald international zu sehen: 1999 in der Kunsthalle Bern, 2007 im New Yorker Rochester Art Center, 2011 im Project Arts Centre in Dublin. Typisch für die konzeptuelle Künstlerin sind sanfte Eingriffe in den Alltag, projizierte Lichtschalter, verfremdete Fluchtschilder oder Kassenbons aus dem Schweizer Coop, auf denen nur weiße Produkte stehen. 

Hier manifestierte sich auch der Humor einer Künstlerin, die pausenlos über die Täuschungsmanöver der Realität nachdachte – und dann ähnliche Methoden wählte, um ihr Publikum noch mehr zu verwirren. Ihre Dosierung war minimal die Wirkung extrem, wenn es um die Schärfung der Wahrnehmung ging. Dank der Konzeptarbeiten von Ceal Floyer hebt sich die Welt ein Stück aus den Angeln.

Treppe ohne Ziel

2007 erhielt sie den Preis der Nationalgalerie für junge Kunst in Berlin. Im Wettbewerb um die Auszeichnung baute sie für ihre Installation „Scale“ eine Treppe aus zwei Dutzend schwarzen Lautsprechern, die nirgendwo hinführte. Trotzdem hörte man die Tritte eines Unsichtbaren, der diese Stufen pausenlos nahm. 2009 folgte der Nam June Paik Art Center Prize, im selben Jahr nahm die Künstlerin an der 53. Biennale von Venedig teil. 

Von 2014 an wirkte sie drei Jahre lang als Gastprofessorin für Bildhauerei an der Hamburger Kunstakademie. Als „wichtige Impulsgeberin“, schreibt die Hochschule auf ihrer Website, habe sie ihre Studierenden in jener Zeit begleitet. Eine Fotografie zeigt sie 2025 während einer gemeinsamen Performance mit dem Künstler Gerrit Frohne-Brinkmann, der sich völlig auf Floyer einlässt. Dieses Vertrauen in das Können und die Fähigkeiten jener Künstlerin lebt in ihren Arbeiten weiter. Auch die Lisson Gallery in London, die sie ebenso wie Esther Schipper von Berlin aus vertrat, erinnert in einem berührenden Nachruf an die selbstbewusste Zurückgenommenheit Floyers, die laut Galerie häufiger gefragt worden sei, was ihre Kunst zu bedeuten habe. Floyers Antwort darauf: „It’s Ceal.”.

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