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Elitesoldatin Zora (Scarlett Johansson) soll für einen Pharmakonzern Saurier-DNA beschützen.

© Universal Studios

„Jurassic World: Die Wiedergeburt“: Dinos bitte zur Blutprobe

Im siebten Film des „Jurassic Park“-Franchises geht Scarlett Johansson auf Saurier-Jagd. Die Wiedergeburt erweist sich aber bloß als Hommage an das Original von Steven Spielberg.

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So ein Dinosaurier in der Rushhour einer amerikanischen Metropole ist zwar nicht alltäglich, ruft bei gestressten Uber-Fahrern aber auch nur ein müdes Achselzucken hervor. Der Feierabendverkehr bewegt sich ohnehin im Schneckentempo. Da macht ein Brontosaurus, eingeklemmt unter einer Hochstraße, keinen großen Unterschied. Allenfalls bleiben ein paar Touristen stehen. Früher hätte irgendein Hollywoodfilm-Präsident in einem solchen Fall die Nationalgarde und die Luftwaffe mobilisiert, jetzt stehen bloß ein paar besorgte Notärzte um das arme Vieh herum und beträufeln es mit Wasser.

Schuld ist der Klimawandel, der der eigentlich schönen Vision der „Jurassic World“-Trilogie (2015-2022), dass Menschen und Saurier nach Jahrmillionen auf der Erde koexistieren können, einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Fünf Jahre sind seit den Ereignissen auf Isla Nublar in „Jurassic World: Ein neues Zeitalter“ vergangen, in denen die Ökosysteme des Planeten so gravierenden Veränderungen unterworfen wurden, dass nur noch die Regionen entlang des Äquators als Lebensraum für die Urzeit-Wesen geeignet sind. Das heißt, wenn sich nicht gerade ein orientierungsloser Saurier versehentlich nach New York verirrt. Alles also wieder zurück auf Anfang.

Steven Spielberg hat noch nicht genug

Das Wörtchen „Wiedergeburt“ im Titel des siebten Films im „Jurassic Park“-Franchise ist natürlich ein schamloser Euphemismus, der kaum verhehlen kann, dass wir es mit einem schnöden Reboot eines an den Kinokassen bewährten „geistigen Eigentums“ zu tun haben, wie solche Marken heute im Branchenjargon heißen.

Für „Jurassic World: Die Wiedergeburt“ konnte sogar David Koepp, der Autor der Originalfilme, gewonnen werden, um noch einmal dieses eigentlich nicht mehr reproduzierbare Gefühl einer Blockbuster-Ära zu beschwören, als erstmals täuschend realistische Dinosaurier die Kinoleinwand bevölkerten. Steven Spielberg selbst hatte nach Abschluss der „Jurassic World“-Trilogie vor drei Jahren die Idee für einen neuen Film, der abseits von irgendwelchen Saurier-Metaversen nur für sich selbst stehen sollte.

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Als Auftakt zu einer weiteren Trilogie wäre „Jurassic World: Die Wiedergeburt“ erzählerisch aber auch deutlich zu unterambitioniert. Der Vorwand, sich noch mal unter die Dinos zu begeben, ist die Aussicht auf ein bahnbrechendes Wunderheilmittel gegen Herzerkrankungen. Dafür benötigt der Pharmakonzern ParkerGenix allerdings Blutproben der drei größten Sauriergattungen – zu Land, zu Wasser und in der Luft. Praktischerweise leben sie alle auf der Karibikinsel Île Saint-Hubert vor der Küste von Surinam.

Um die Proben sicherzustellen, rekrutiert ParkerGenix-Mitarbeiter Martin Krebs (Rupert Friend) die Elitesoldatin Zora Bennett (Scarlett Johansson), die dem Paläontologen Henry Loomis („Bridgerton“-Star Jonathan Bailey) bei der Biopsie „assistieren“ soll. Der ist zwar ein echter Nerd, freut sich aber über die Gelegenheit, ein paar lebendigen Exemplaren jener Knochen, die er in seinem Museumsjob entstaubt, in der freien Wildbahn zu begegnen.

Dass er dabei von schwer bewaffneten Söldnern begleitet wird, stört ihn nicht weiter, der Umgangston an Bord der „Essex“ ist jovial. Zora und ihr Mitstreiter Duncan Kincaid (Mahershala Ali) schleppen beide emotionalen Ballast aus ihren gemeinsamen Kriegseinsätzen mit sich herum; im Vergleich dazu ist der gut dotierte Abstecher nach Saint-Hubert ein Ferienausflug.

Leichte Beute. Der Mensch ist auf der Insel Saint-Hubert nicht in seinem Element.

© Universal Studios

Bevor sie auf der Insel landen, haben sie allerdings ihren ersten Einsatz auf dem Meer – nachdem sie einem Mosasaurus Blut abgenommen haben. Derselbe Wassersaurier hatte kurz zuvor das Segelboot von Reuben Delgado (Manuel Garcia-Rulfo) zum Kentern gebracht, der mit seinen Töchtern Teresa (Luna Blaise) und Isabella (Audrina Miranda) sowie Teresas Stoner-Boyfriend Xavier (David Iacono) in die Sicherheitszone eingedrungen war. Die Rettungsaktion entwickelt sich zu einem Wettrennen gegen einen ganzen Schwarm von Riesenamphibien, die die Crew der „Essex“ dezimieren, bevor Duncan das Boot bei voller Geschwindigkeit in die Felsen am Strand von Saint-Hubert setzt. Es dauert also eine ganze Weile, bis „Jurassic World: Die Wiedergeburt“ am Ort seiner Bestimmung ankommt.

Das Publikum fiebert mit den Dinos mit

Die Delgado-Familie ist natürlich eine Notwendigkeit des Drehbuchs, da Elitesoldaten – auch wenn sie von Scarlett Johansson und Mahershala Ali gespielt werden – nicht gerade als Identifikationsfiguren fürs Kinopublikum taugen. Dafür sind die Sympathien mit den Dinos, die sich ja nicht ganz freiwillig den Lebensraum mit Menschen teilen, dann doch zu ausgeprägt. Dasselbe gilt übrigens auch für gelangweilte Teenager in David-Bowie-Shirts und kleine Kinder, die sich mit Dinosaurierbabys anfreunden. Zivilisten in den „Jurassic Park“-Filmen hatten immer schon die undankbare Aufgabe, für den Nervenkitzel sorgen, indem sie sich aus lauter Doofheit in gefährlichste Situationen brachten.

Nach einem weiteren Zwischenfall muss sich die Delgado-Familie zu Fuß zum Treffpunkt auf der Insel durchschlagen. Regisseur Gareth Edwards („Godzilla“) beweist in diesem Handlungsstrang von „Jurassic World: Die Wiedergeburt“ seine Expertise für Monsterfilme mit der besten Actionszene, in der Teresa auf einen T-Rex trifft, der nach einer Mahlzeit ein Verdauungsschläfchen hält, und in der ein gelbes Schlauchboot als comic relief fungiert. Allerdings ist diese Idee noch ein Restposten aus dem ersten „Jurassic Park“, in dem die Szene damals keine Verwendung fand. Sie funktioniert 30 Jahre später zwar immer noch, belegt aber, dass Edwards und Koepp sonst nicht viel Neues eingefallen ist.

Irgendwann hat man sich damit abgefunden, dass „Jurassic World: Die Wiedergeburt“ nicht mehr als eine Hommage an das Original sein will. Ein solides Popcorn-Movie mit ein paar gut platzierten Schockeffekten und spektakulären Landschaftsaufnahmen. Für die Szene mit einer Herde von Titanosauriern haben Edwards und seine Crew für den naturalistischen Effekt sogar ein ganzes Tal begrünt. Und um den Look des Originalfilms zu imitieren, hat Kameramann John Mathieson mit derselben Panavision-Kamera aus den 1990er Jahren gedreht, mit der damals Dean Cundey gearbeitet hatte.

Der Showdown in der alten InGen-Forschungsstation, wo einst mit den nächsten Publikumsattraktionen für die Dino-Parks experimentiert wurde, ist dann tatsächlich ein liebevoll rekonstruiertes Déjà-vu an Spielbergs Klassiker – bis hin zur Raptoren-Attacke im Supermarkt.

Dass Saint-Hubert nebenbei auch als isoliertes Habitat für fehlgeschlagene Experimente fungiert, die man dem Park-Publikum dann doch nicht zumuten wollte – die Mutation Distortus Rex ist ein ausgemacht hässliches Exemplar, dem nicht mal der größte Dino-Fan eine Träne nachweinen dürfte – ist vielleicht ein treffendes Sinnbild für„Jurassic World: Die Wiedergeburt“. Ein paar fehlgeleitete Ideen des ansonsten ja ganz sympathischen Franchises sind hoffentlich gleich mit entsorgt worden.

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