
© Kitty Kleist-Heinrich TSP
Kampagne gegen Deutschen Verlagspreis : „Nius“ versus Wolfram Weimer
Das rechte Portal „Nius“ hat den Deutschen Verlagspreis und vermeintlich „radikal linke Buchverlage“ im Visier und adressiert seine Empörung an Kulturstaatsminister Weimer. Der sieht zum Glück keinen Handlungsbedarf.

Stand:
Gut vorstellbar, wie großartig sich die Betreiber des rechten Portals „Nius“ vor gut zwei Wochen gefühlt haben. Hatten sie doch in den sozialen Medien die Fotos des Rappers Chefket mit einem den Staat Israel negierenden Palästina-T-Shirt entdeckt und daraufhin einen ihrer obligaten Kampf- und Empörungstexte über dessen Auftritt im Rahmen von Jan Böhmermanns HKW-Ausstellung geschrieben. Und zwar mit Erfolg: Kulturstaatsminister Wolfram Weimer war ebenfalls empört und riet zu einer Absage des Konzerts, der Böhmermann nachkam.
Der Deutsche Verlagspreis wurde von Monika Grütters ins Leben gerufen
Jetzt hat Nius abermals eine kulturelle Angelegenheit im Visier, die in Weimers Zuständigkeitsbereich gehört: den Deutschen Verlagspreis. 2019 ins Leben gerufen von der damaligen Kulturstaatsministerin Monika Grütters, um insbesondere kleine Verlage zu unterstützen, wird dieser Preis am Mittwoch in Frankfurt auf der Buchmesse verliehen. 80 Verlage bekommen 18.000 Euro, drei Verlage 50.000 Euro.
Nius meint nun, darunter etliche „linksradikale Verlage, die gewaltverherrlichende Inhalte verbreiten“, ausgemacht zu haben. Zum Beispiel den Berliner Verbrecher Verlag, der 2013 das Buch „Gedenken abschaffen“ veröffentlicht hatte, eine Kritik an der Erinnerungskultur bezüglich der Bombardierung Dresdens im Zweiten Weltkrieg.
Oder die Hamburger Edition Nautilus, die angeblich Bücher mit „Gewaltverherrlichungen“ vertreibe. Gleich fünf Artikel hat das Portal zu der Thematik veröffentlicht, und natürlich ist der Adressat des Ganzen der Kulturstaatsminister: „Klingelt nun der Verfassungsschutz bei Wolfram Weimer?“
Es sind dies die Geister, die Weimer selbst gerufen hat mit seinem Faible für die Hufeisentheorie und seinen vielen Einlassungen in den vergangenen Monaten zu den Gefahren gleichermaßen von links wie von rechts. Nius spekuliert auf eine erneute Intervention Weimers wie im Fall Chefket, womöglich auf der Frankfurter Buchmesse.
Doch das BKM hat schon abgewunken und sieht „keine Verdachtsmomente“. Weimer schreibt in seinem Grußwort zum Verlagspreis, dass die geehrten Verlage Bücher veröffentlicht hätten, „die den demokratischen Diskurs stimulieren, zum kritischen Denken anregen und die eigene Gedenk- und Gefühlswelt bereichern“. Und verbannt damit die irrlichternden Nius-Geister vorerst zurück in die Flasche.
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