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Deniz Yücel, Journalist und Sprecher der Autorenvereinigung PEN Berlin

© dpa/Jens Kalaene

Krise beim PEN Berlin : Bleiben ist vernünftiger

Nach den Verwerfungen der vergangenen Woche plädieren zahlreiche PEN-Mitglieder in einem offenen Brief dafür, Gräben zu überwinden und Kompromisse zu finden.

Gerrit Bartels
Ein Kommentar von Gerrit Bartels

Stand:

Es müsste jetzt eigentlich mal gut sein mit den Verwerfungen bei der Schriftstellervereinigung PEN Berlin, mit den zahlreichen Verlautbarungen vieler seiner Mitglieder, den öffentlichen Distanzierungen und den per offener Brief erklärten Austritten. Und nun noch ein offener Brief, veröffentlicht auf der Website von PEN Berlin, unterzeichnet von 24 Mitgliedern? Ein Brief, der überschrieben ist mit den Worten „Wir bleiben“ – als wenn auch das noch einmal extra erklärt werden müsste.

Doch, ja, musste. Denn aus diesem Brief spricht die Stimme der Vernunft und der Einsicht, die vielleicht auch in den anderen Abteilungen der Kultur (Kunstbetrieb!) irgendwann Einzug hält, insbesondere was den Nahost-Konflikt anbetrifft. Wie heißt es also zu Beginn in dem Brief, der unter anderem von Eva Menasse, Daniel Cohn-Bendit, Nora Bossong oder Meron Mendel unterzeichnet wurde: „Da weder die eine noch die andere Seite, die sich in Deutschland zu Unterstützern der Konfliktparteien in Nahost formiert haben, auf diesen schrecklichen Krieg irgendeinen Einfluss hat, trägt man ihn im Klein-Klein der Vereinsarbeit aus.“

„Gigantischer Wirbel“

Und weiter heißt es, dass der Streit, „der gigantische Wirbel“ um die Resolution zu den in Israel und im Gaza-Krieg getöteten Autorinnen und Journalisten „Außenstehenden längst nicht mehr zu vermitteln“ sei. Genau so ist das.

Zumal nicht nur die überwiegende Anzahl der Befürworter des mit 82 zu 83 Stimmen knapp unterlegenen Resolutionsentwurfes die Entscheidung akzeptiert und PEN Berlin eben nicht den Rücken gekehrt haben. Sondern überhaupt nur gerade mal ein Viertel der Mitgliederschaft der gerade einmal zwei Jahre existierenden Vereinigung an dieser außerordentlichen Online-Versammlung teilgenommen und über die Resolutionsentwürfe abgestimmt hat.

Streit kaum zu vermitteln

Und das nicht aus Desinteresse, sondern auch im Wissen darum, dass diese nun verabschiedete Resolution „Für den Schutz von Schriftsteller:innen und Journalist:innen im aktuellen Nahostkonflikt“ oder jedwede andere so wirklich gar nichts an den Geschehnissen in Gaza ändert und ändern wird.

In dem offenen Brief weisen jene, die ihn unterzeichnet haben, dann auch nochmal darauf hin, dass PEN Berlin zwar als Debattenplattform gegründet wurde, aber auch als Menschenrechtsorganisation zum Schutz verfolgter Kolleginnen und Kollegen. Die Verantwortung für diese solle nicht aus dem Blick geraten, schließt der Brief, und ansonsten ginge es immer wieder aufs Neue darum, „Gräben zu überwinden und Kompromisse zu finden.“

Es hat was für sich, bei PEN Berlin zu bleiben, Vereinsmeierei hin oder her. Dass das noch einmal extra artikuliert werden musste, kann man merkwürdig finden, gehorcht nach dem Trara der vergangenen Woche aber einer nachvollziehbaren Notwendigkeit.

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