
© Stephen Burke
Künstler Stephen Burke im Interview: Zerstörung kann ein kreatives Werkzeug sein
Die Aura der Straße fasziniert Stephen Burke. Und viele andere Künstler auch. Wie sein Instagram-Account „Post-Vandalismus“ einen Hype auslöste.
Stand:
Der irische Künstler Stephen Burke prägte den Begriff Post-Vandalismus. Seit 2019 postet er auf seinem Instagram-Account „post_vandalism“ Kunstwerke von Weltstars und Newcomern, die er mit einer postvandalischen Ästhetik in Verbindung bringt. Benutzt werden verbogene Motorhauben, Mülleimer, Klettergerüste, Sprühfarbe. Und mehr ein Million Follower finden das gut. Das Magazin „Kunstforum International“ widmete dem neuen Kunsttrend eine ganze Ausgabe.
Herr Burke, den Begriff Post-Vandalismus haben Sie zwar nicht erfunden, aber neu besetzt. Was verstehen Sie darunter?
Post-Vandalismus zeigt sich in unserer Straßen, in verschmutzten, mit schwarzen Streifen überzogenen Fahrbahnen, in mit Kaugummi übersäten Bürgersteigen. Das Phänomen beschäftigt sich mit dem rauen, schnellen Einfluss, den wir auf unsere gebaute Umwelt ausüben. Von Behörden wird Vandalismus als „blinde Zerstörungswut“ bezeichnet, aber Post-Vandalismus als künstlerisches Konzept ist etwas anderes. Er ist nicht blind und wütend, sondern gestaltend und kreativ.

© Stephen Burke
Post-Vandalismus meint die Beschäftigung mit vorgefundenem Material, dessen Eigenschaften wie Form, Oberfläche und Textur künstlerisch verändert werden. Es werden zum Beispiel Anti-Klettergerüste für Fassaden, beschichtete Fliesen oder Stromkästen für die Kunst genutzt. Diese Werke symbolisieren das Aufbrechen von Systemen, sie zeigen, wie Widerstand und Protest gegen etablierte Normen und Machtsysteme in einer Galerie gezeigt werden können.
Wie kam es dazu, dass Sie 2019 mit dem Post-Vandalismus Instagram-Account angefangen haben?
Ich habe mich damals viel mit der Entfernung von Graffiti beschäftigt und dafür diesen Begriff verwendet. Die Farbreste, die bei der Graffitientfernung zurückbleiben, passten perfekt zu diesem Wort. Bald darauf fing ich an, den Begriff mit allen möglichen Objekten im Stadtraum in Verbindung zu bringen, wie auf Kletterschutzvorrichtungen, die von Eindringlingen verbogen worden waren, oder mit Kritzeleien, die Jugendlichen ins Stadtmobiliar geritzt haben.
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Ich begann mit dem Instagram-Account, nachdem ich mein Masterstudium in Glasgow abgeschlossen hatte. Mir fehlten gleichgesinnte Künstler, ich schuf mir eine Community im Netz. Mein Interesse galt einer Kunst, die ihre Wurzeln im Readymade, in der abstrakten Malerei, der konkreten Kunst und in vielen anderen Bereichen hat, aber eben auch im Graffiti. Post-Vandalismus ist als Kunstrichtung von vielen verschiedenen Dingen beeinflusst, dadurch spricht sie ein breites Publikum an, aber auch Leute aus der Graffiti- und Street Art-Szene. Es erschien mir logisch, daraus ein digitales Projekt zu machen.
Was ist Ihre Beziehung zu Berlin?
Im Moment lebe ich in Glasgow. Ich habe 2019 / 2020 eine Residency in Berlin bei Urban Nation (Anm. d. Red.: Streetart-Museum in Schöneberg) absolviert. Wir alle wissen, was danach passiert ist ..., leider war meine Zeit in Berlin wegen der Pandemie abrupt zu Ende. Ich würde aber gerne irgendwann zurückkehren. Visuell fand ich die Stadt sehr anregend.
Hat es Sie überrascht, dass das Kunstmagazin „Kunstforum“ Ihr Thema als Titelthema aufgegriffen hat?
Ich war angenehm überrascht, als man mir sagte, dass die März-Ausgabe dem Postvandalismus gewidmet sein würde. Immer mehr Menschen interessieren sich dafür, wir hatten letzten Monat über 1,1 Millionen Besucher auf unserer Instagram-Seite! Ich finde es sehr positiv, dass eine Institution wie das „Kunstforum“ mit dabei ist.
Wie arbeiten Sie in Ihrer eigenen Kunst mit Vandalismus oder Zerstörung?
Zurzeit verwende ich eine Metallbiegemaschine namens Piranha, um Kletterschutzzäune in skulpturale Kompositionen zu verwandeln.
Und was steht als Nächstes an?
Im Moment produziere ich neue Werke für Ausstellungen in Rom, Dublin, Glasgow und New York. Außerdem habe ich in den vergangenen Jahren Material für ein Buch über Post-Vandalismus zusammengetragen, das ich hoffentlich am Ende des Sommers veröffentlichen werde.
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