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Per Leo

© Alexa Geisthövel

Mit Rechten reden : Schriftsteller Per Leo wird Herausgeber der „Weltbühne“

Der Historiker, Essayist und Schriftsteller Per Leo begibt sich unter die Fittiche von Holger Friedrich und der „Berliner Zeitung“ und wird Herausgeber der neuen „Weltbühne“.

Stand:

Als die „Berliner Zeitung“ Mitte dieser Woche verkündete, dass Philippe Debionne ihr neuer Chefredakteur wird und den scheidenden Tomás Kuraniowicz ersetzt, teilte sie gleich noch eine ganze Anzahl weiterer Personalien mit.

Ganz am Ende stand da noch, dass der Historiker, Essayist und Schriftsteller Per Leo Herausgeber der „Weltbühne“ wird, der einst von Carl von Ossietzky gegründeten und nun vom Eigner der „Berliner Zeitung“, Holger Friedrich, in seinem Berliner Zeitungsverlag wiederbelebten Zeitschrift.

Streit bei den Herausgebern

Vier Ausgaben gab es davon bislang, die letzte erschien am 19. August, mit einer Auflage von angeblich 25.000 und für stolze elf Euro. Als Herausgeber fungierten dafür bislang zum einen der 1977 in Teheran geborene Schriftsteller Behzad Karim Khani und zum anderen ein gewisser Thomas Fasbender.

Letzterer ist nicht nur Autor einer in der von dem rechten Publizisten Caspar von Schrenck-Notzing gegründeten „Bibliothek des Konservatismus“ erschienenen Putin-Biografie, sondern war bis zum russischen Ukraine-Überfall auch Kommentator des russischen Propagandasenders „RT DE“ (Russia Today Deutsch).

Fasbender, das konnte man der Meldung der „Berliner Zeitung“ entnehmen, soll dort nun das Ressort „Debatte“ aufbauen. Was zwischen den Zeilen der vielen Personalien nicht zu lesen war, dafür aber in einer Mitteilung auf der Website der neuen „Weltbühne“: Dass es zu Spannungen zwischen Behzad Karim Khani und Thomas Fasbender gekommen sein muss wegen eines Autors der vierten „Weltbühne“-Ausgabe – des neurechten belgischen Historikers David Engels, von dem 2020 auch in Götz Kubitscheks Antaios Verlag ein Buch veröffentlicht wurde, „Was tun?“.

„Selbstverschuldet“ sei es da zu einem Konflikt gekommen, „weil sich unsere redaktionellen Prozesse, insbesondere die Abstimmung zwischen den beiden Herausgebern, noch immer in einer Phase der Justierung befinden“. Diese Phase ist abgeschlossen, ganz ohne Justierung, sondern einfach mit einem personellen Wechsel und eben Per Leo als Nachfolger von Fasbender und zweitem Herausgeber neben Behzad Karim Khani.

Per Leo debütierte vor gut einem Jahrzehnt mit „Flut und Boden“, dem „Roman einer Familie“, so der Untertitel, ein Roman nicht zuletzt über seine Familie, über sich und seinen Nazi-Großvater.

Leo sorgte danach mit den Essaybänden „Mit Rechten reden“ (zusammen mit Maximilian Steinbeis und Daniel-Pascal Zorn) und „Tränen ohne Trauer“ für Debatten, aber auch mit seiner Haltung zur BDS-Bewegung, die Israel kulturell und wirtschaftlich boykottiert und als antisemitisch gilt. Der Schriftsteller warf dem Bundestag vor, zu undifferenziert mit seiner Resolution zum BDS gewesen zu sein.

In einem Tagesspiegel-Interview sagte Leo dazu: „Ich ergreife nicht für die BDS-Bewegung Partei, sondern werbe dafür, dass über sie und alle damit verbundenen Probleme offen und kontrovers geredet werden kann.“ Und weiter: „Es ist nicht tolerabel, dass BDS pauschal Israelis boykottiert. Doch der Boykott ist ein ziviles Mittel des politischen Kampfes, er folgt einer anderen Logik als die militante Gewalt oder die antisemitische Paranoia.“

Leo wird vermutlich nun, folgt man der Hausmitteilung der „Weltbühne“, die „engagierte“ Diskussion, „inwieweit Autoren mit Denkansätzen der intellektuellen Rechten in der ,Weltbühne’ vertreten sein können oder nicht“ weiterführen und mit so einigen Rechten reden.

In dieser Richtung rechter Denkansätze wortklingelt es in der „Weltbühnen“-Mitteilung noch weiter. Der Zusatz „oder nicht“ und Fragen wie „Haben wir eine Seite oder doch mehrere in uns?“ und „Würde uns die Abwesenheit rechter Positionen zu einer wenig differenzierten linken Zeitgeist-Zeitschrift machen?“ scheinen da rein rhetorischer Natur zu sein.

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