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Fischer Barati

© AFP

Späte Fete: Nachtgeflüster nach der Gala

Ein amtierender und ein früherer Außenminister auf einer Party, dazu eine Hollywoodschauspielerin und ein deutscher Regiestar - wenn die Berlinale feiert, dann steht die Prominenz Schlange.

Politikgeflüster bei der Berlinale? Gibt’s auch. Warum zum Beispiel hat der Regierende Bürgermeister einen seiner Lieblingsempfänge geschwänzt, um an der Geburtstagsparty des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck teilzunehmen, deren Glamourfaktor kaum an eine nächtliche Party mit Tilda Swinton und Tom Tykwer heranreichen dürfte. „Das Treffen mit den Politikern ist ihm wichtig“, vermutete Walter Momper nach dem Abschlussapplaus für Tom Tykwers Eröffnungsfilm „The International“ bei der Party im Adagio. Andere sahen Bundeskanzler-Ambitionen aufflackern. Immerhin war es das erste Mal in seiner Amtszeit, dass Wowereit wegblieb. Das könnte ihn endgültig den durch auffällige Fetenabstinenz in letzter Zeit sowieso schon kräftig angeschlagenen Titel des Regierenden Partymeisters kosten.

Als möglicher nächster SPD-Kanzler wird erst mal Außenminister Frank Walter Steinmeier gehandelt, der jedenfalls nicht zur Beck-Party musste oder wollte. Mit offenem schwarzem Hemdkragen stand er bis tief in die Nacht im VIP-Bereich des Berlinale-Palastes. Dass Staatsminister Bernd Neumann (CDU) ihn – anders als Ministerin Brigitte Zypries (SPD) – nicht eigens begrüßt hatte, dämpfte nicht seine strahlend gute Laune, ausgelöst offensichtlich durch das Treffen mit US-Außenministerin Hillary Clinton. „Nach einer aktionsreichen Woche in den USA war der Action-Thriller am Donnerstagabend genau das Richtige“, resümierte er fröhlich. Tom Tykwer freute sich, dass er nach dem Schlussapplaus fast sein ganzes Team auf die Bühne holen konnte. Drehbuchautor Eric Warren Singer, der in „The International“ nach zwanzig abgelehnten Drehbüchern zum ersten Mal ein Buch verwirklichen konnte, hatte sich freilich den Magen verdorben und musste das Badezimmer hüten. Produzentin Minu Barati-Fischer, in Begleitung von Joschka Fischer, wünschte Tykwer „viel Erfolg an der Kasse“.

Nicht nur das Filmteam feierte bis früh in den Morgen. Auch Jury-Mitglieder wie Tilda Swinton und Christoph Schlingensief, der Präsident der Akademie der Künste, Klaus Staeck und der Intendant der Berliner Festspiele, Joachim Sartorius und Schauspieler Axel Prahl genossen die Nacht. Filmemacher Gaston Kaboré aus Burkina Faso, ebenfalls Jurymitglied, erzählte von Afrikas Filmfestival in seiner Heimat .

Festival-Chef Dieter Kosslick ruhte sich beim nächtlichen Empfang nicht auf der gelungenen Eröffnung aus, sondern probte schon mal Varianten seines Witzes zum Vatikan-Skandal. Die Einladung an den deutschen Papst, sich bei der Berlinale „Ben Hur“ mal wieder anzuschauen, „weil der Film zeigt, dass der Chef seines Unternehmens auch mal als jüdischer Junge angefangen hat“, brachte ihm vor allem von amerikanischen Gästen reichlich Komplimente ein. Nicht nur der Erfolg der Buchvorlage zum Film „Der Vorleser“ zeigt, wie groß das amerikanische Interesse am Umgang der Deutschen mit dem Holocaust immer noch ist. So kann der nächtliche Party-Marathon auch mal zur diplomatischen Mission werden. Auch seiner persönlichen Mission gibt Kosslick Raum beim Festival. Noch Monate, nachdem er „Food, Inc.“ gesehen hat, der morgen das Kulinarische Kino eröffnet, liegt ihm der Film im Magen: „Die Finanzkrise ist nichts gegen die Lebensmittelkrise“. Davon war dank seiner Regie bei der Auftaktparty nichts zu spüren. Deutsche Weine und Bioprodukte, von Spitzenköchen zubereitet, gaben der Philosophie des Kulinarischen Kinos den guten Geschmack. Wer sonst kann schon ein kulinarisch korrektes Filmfestival vorweisen? Dem Confierten Müritz-Zander sei Dank. Elisabeth Binder

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