
© Bayerische Staatsgemäldesammlungen - Neue Pinakothek München
NS-Raubkunst in Bayerns Staatsgemäldesammlungen: Mit fünf Bildern vier Schritte vor und einer zurück
Im Frühjahr erschütterte ein NS-Raubkunstskandal die bayerischen Museen. Die nun angekündigten Restitutionen werfen erneut ein Licht auf die gebliebenen Missstände.

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Einen zäh erkämpften Schritt im Ringen um Gerechtigkeit nannte die kulturpolitische Sprecherin von Bayerns Grünen Susanne Kurz die angekündigte Rückgabe von vier Gemälden aus den Staatsgemäldesammlungen an die Nachfahren jüdischer Sammler. Die Erben können sich freuen über diesen Erfolg, wenn es auch keine kunsthistorisch bedeutenden Werke sind. Ihr Wert liegt woanders.
Ein Bildnis der Heiligen Anna Selbdritt von einem Schüler Lucas Cranachs dem Älteren geht an die Familie des verfolgten Direktors der Commerz- und Discontobank in Hannover. Für die Szene „Am Wirtshaustisch“ von Karl Georg Zimmermann müssen erst noch die rechtmäßigen Eigentümer gefunden werden. Die beiden Gemälde „Lot und seine Töchter“ sowie „Abraham bewirtet die drei Engel“ von Franz Sigrist erhalten die Erben der ehemaligen Münchner Kunsthandlung Brüder Lion zurück.
Es könnte eine Erfolgsmeldung für Bayerns Kunstminister Markus Blume (CSU) sein, der nach dem NS-Raubkunstskandal im Frühjahr, wie er schon bezeichnet wurde, Vertrauen zurückgewinnen wollte und Transparenz versprach. Veröffentlichungen zunächst in der „Süddeutschen Zeitung“ hatten damals ein Schlaglicht auf die miserable Situation in der Provenienzforschung bei den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen geworfen.
Verschleppte Untersuchungen, mangelnde Information der Erben lauteten die Vorwürfe. Der langjährige Generaldirektor Bernhard Maaz musste gehen, eine Staatliche Museumsagentur Bayern wurde zur Aufarbeitung gegründet.
Gute Nachrichten also? Da setzt sich der Ärger schon fort. Denn für die Erben Brüder Lion ging es immer auch um das Gemälde „Junges Mädchen mit Strohhut“ von Friedrich von Amerling, einem wichtigen Maler des 19. Jahrhunderts. In dieser Angelegenheit wollen die Staatsgemäldesammlungen vor das künftig zuständige Schiedsgericht ziehen. Für sie stellt sich der Tausch 1935 gegen zwei Bilder als Bezahlung als rechtmäßig dar.
Das darf bezweifelt werden, auch in der Provenienzforschung gilt das Datum 31. Januar 1933 seit jeher als Stichdatum für die Verfolgung jüdischer Menschen. Demnach kann von freien Geschäften nicht mehr die Rede sein, sie geschahen unter Druck. Prompt musste die Kunsthandlung Brüder Lion ein Jahr nach dem Tausch zwangsweise schließen. Der Erben-Anwalt will nun Klage beim Verwaltungsgericht München erheben. Er kann darauf hoffen, dass der Fall dort früher verhandelt wird als beim Schiedsgericht, das sich erst noch gründen muss.
Damit relativiert sich die Erfolgsmeldung aus dem bayerischen Kulturministerium doch sehr, und die ebenfalls im Frühjahr aufgedeckten anderen Missstände bei den Staatsgemäldesammlungen kommen wieder in Erinnerung: die Sicherheitslücken und der fragwürdige Umgang mit dem Personal. Bayerns Museen können wirklich gute Nachrichten gebrauchen.
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