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Der Philosoph Rüdiger Safranski steht in seinem Haus vor einem Bücherregal.

© picture alliance/dpa/Patrick Seeger

Philosoph Safranski mahnt: „AfD irgendwie ins demokratische Spektrum integrieren und dadurch zivilisieren“

Man könne nicht ein Viertel der Wähler hinter eine Brandmauer verbannen, sagt Safranski. Der Unmut, der den Erfolg der AfD begründe, sei nicht antidemokratisch. Für die CDU hat er einen Rat.

Stand:

Die Politik streitet angesichts des Erstarkens der AfD über den richtigen Umgang mit der in Teilen als gesichert rechtsextremistisch geltenden Partei, die hinter der Union zweitstärkste Kraft im Bundestag ist. Die AfD kam bei der Wahl auf 20,8 Prozent und liegt in aktuellen noch deutlich über diesem Wert.

Der Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) hatte am vergangenen Wochenende einen anderen parlamentarischen Umgang mit der AfD gefordert und war für seine Aussagen unter anderem von SPD-Chef Lars Klingbeil scharf kritisiert worden.

Der Unmut, der sich hinter der AfD versammelt, ist nicht antidemokratisch, sondern eben der Ärger und die Enttäuschung über die unterlassene Politikwende.

Rüdiger Safranski, Philosoph

Nun hat sich der bekannte deutsche Philosoph Rüdiger Safranski in die Debatte eingemischt. Er warnte in einem Interview mit der „Welt am Sonntag“ davor, die AfD pauschal vom demokratischen Diskurs auszuschließen. Safranski hat zahlreiche Bücher geschrieben und mehrere Literaturpreise gewonnen, etwa den Preis der Leipziger Buchmesse oder den Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung.

„Der Unmut, der sich hinter der AfD versammelt, ist nicht antidemokratisch, sondern eben der Ärger und die Enttäuschung über die unterlassene Politikwende. Wenn man nicht ein Viertel der Wähler hinter eine Brandmauer verbannen will, so wird überhaupt nichts anderes übrig bleiben, als die AfD irgendwie ins demokratische Spektrum zu integrieren und dadurch zu zivilisieren“, sagte Safranski.

Das werde auch in Deutschland so sein. „Überall um uns sind die sogenannten Rechtspopulisten auf dem Vormarsch. Schauen Sie nach Italien, wo die Meloni offenbar einen ganz guten Job macht, oder nach Frankreich, wo man gegen Frau Le Pen schon die Justiz einsetzt, was auch so ein undemokratisches Geschmäckle hat. Irgendwann kriegt man da nicht mehr den Deckel drauf“, so Safranski. Zudem habe sich seit dem Comeback von Donald Trump als US-Präsident die politische Farbenlehre ohnehin total verändert.

Die aktuelle politische Lage bezeichnete der 80-Jährige als schizophren. „Die CDU hatte einen Politikwechsel versprochen. Und nun gibt es alles Mögliche, nur keinen Politikwechsel.“ Er frage sich, wie dieser zustande kommen könnte.

„Dafür bräuchte es bei der CDU Mut, mit irgendwas zu drohen, damit die SPD ihre eigene fatale Lage begreift. Ein solches Druckpotenzial vonseiten der CDU wären Neuwahlen oder die Drohung, sich von der AfD in bestimmten Politikfeldern tolerieren zu lassen. Beispielsweise bei der Migration, nicht aber in der Außenpolitik“, sagte Safranski. (lem)

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