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Ein schwules und ein lesbisches Paar bauen in „Das Hochzeitsbankett“ eine Wahlfamilie auf.

© Universal/Luka Cyprian Bleecker Street

Romantik-Komödie „Das Hochzeitsbankett“: Queere Großstädter im Gefühlschaos

Andrew Ahn hat eine kurzweilige Neuinterpretation von Ang Lees schwulem Klassiker „Das Hochzeitsbankett“ gedreht. Diesmal wird koreanisch-chinesisch-amerikanisch geheiratet.

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Noch ein Schnaps und noch ein Spiel und noch ein Foto und noch viel mehr Schnäpse. Das titelgebende chinesische „Hochzeitsbankett“ aus Ang Lees Komödie von 1993 war für das gefeierte Paar eine einzige Tour de Force, bei der die übergriffigen Verwandten und Freund*innen als Einzige großen Spaß hatten.

Für die Frischvermählten war der Abend aber auch aus einem anderen Grund vor allem Arbeit: Es handelte sich um eine Scheinehe. Der schwule US-Chinese Wai-Tung heiratete die Chinesin Wei-Wei nur, um seinen Eltern weiter ein heterosexuelles Leben vorspielen zu können – dabei lebte er schon seit Jahren mit seinem Geliebten Simon in New York. Für Kunststudentin Wei-Wei sprang dabei eine Green Card heraus.

Dieses Dokument ist mehr als drei Jahrzehnte später auch in Andrew Ahns Neuinterpretation des „Hochzeitsbanketts“ wieder ein entscheidender Motivationsfaktor. Diesmal möchte der schwule Südkoreaner Min (Han Gi-Chan) damit seinen Aufenthalt in Seattle sicherstellen, wo er mit seinem Langzeitpartner Chris (Bowen Yang) lebt. Doch weil dieser Min aus Millennial-Überforderung und Bindungsangst nicht heiraten will, nimmt ein abgedrehter Scheinehenplan seinen Lauf: Min will die lesbische US-Amerikanerin Angela (Kelly Marie Tran) heiraten und im Gegenzug die In-vitro-Fertilisation von Angelas Partnerin Lee (Lily Gladstone) bezahlen.

Denn Min ist ein steinreicher Konzernerbe. Weit mehr als die Geschäfte seines Familienunternehmens interessiert den offenherzigen jungen Mann allerdings seine Textilkunst. Als er seiner Großmutter Ja-Young (Youn Yuh-jung), bei der er sich nie geoutet hat, von seinen plötzlichen Heiratsplänen erzählt, wittert diese umgehend Erbschleicherei – und setzt sich in den Flieger nach Seattle.

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Eine große Scharade beginnt, wobei fast alles anders läuft als einst bei Ang Lees stark auf das Männerpaar und die aus China anreisenden Eltern fokussierter Vorlage. Andrew Ahn sampelt daraus nur einige Motive und baut einige hübsche Zitate ein, verfolgt ansonsten aber einen viel breiteren Ansatz. Er nimmt eine ganze Wahlfamilie in den Blick, die ähnlich bunt schillert wie Mins aus unzähligen Stofffetzen zusammengenähte Kunstwerke.

So stammen Vogelbeobachter Chris und Wissenschaftlerin Angela aus der chinesischen Community und Sozialarbeiterin Lee gehört zur indigenen Bevölkerung der Region, den Duwamish. Um deren Erbe zu bewahren, hat ihr inzwischen verstorbener Vater das Haus gekauft, in dem Lee nun mit Angela wohnt. Ihr Kinderwunsch hat deshalb auch viel mit dem Verantwortungsgefühl gegenüber ihren Vorfahren zu tun.

Das Verhältnis zur Eltern- und Großelterngeneration verhandelte „Das Hochzeitsbankett“ auf verschiedenen Ebenen und in unterschiedlichen Tonalitäten, was Andrew Ahn gut ausbalanciert mit den Beziehungskrisen, in die beide Paare durch die Ausnahmesituation geraten. Da fließen durchaus mal Tränen, doch letztlich überwiegt immer der Wille, den oder die andere zu verstehen.

Alt und Jung beim Gefühls- und Hochzeitskuddelmuddel zuzusehen, ist ein kurzweiliger Spaß, der seit dem zweiten Amtsantritt von Präsident Donald Trump zudem eine unverhoffte politische Dimension bekommen hat: Als ein größtenteils von Minderheitenangehörigen produzierter Film, der ganz selbstverständlich Diversität feiert, steht „Das Hochzeitsbankett“ quer zum reaktionären Zeitgeist aus Washington.

Bleibt zu hoffen, dass der in Hollywood noch eine Weile außen vor bleibt und weitere Szenen wie diese aus dem „Hochzeitbankett“ gedreht werden: Die Großmutter wirft dem Brautpaar während der koreanischen Eheschließungszeremonie Datteln und Kastanien zu, die mit einem Tuch aufgefangen werden müssen. Daran ließe sich die Zahl der Kinder ablesen, die das Paar bekommt, erklärt Min. Angela will wissen, welche Frucht für welches Geschlecht steht. Doch niemand der Umstehenden kann sich erinnern.

Bis ein queerer Hochzeitsgast ruft: „Sie bekommen 15 non-binäre Kinder!“ Ein Geschlecht, das Donald Trump mit einer seiner ersten Anordnungen für offizielle Dokumente abschaffte.

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