
© rbb/Schiwago/Hardy Spitz
So gut ist der Berliner „Tatort“: Die Bundesdruckerei als Selbstbedienungsladen
Zwischen Lieferdienstfirma, Migration und Bundesdruckerei: Der Berliner „Tatort“ erzählt die unglaubliche Geschichte, wie man an gültige Pässe kommt.
Stand:
Ein junger Lieferdienst-Fahrradfahrer wird in einer Berliner Seitenstraße von einem Auto überfahren. Für die LKA-Ermittler Susanne Bonard (Corinna Harfouch) und Robert Karow (Mark Waschke) ist schnell klar: Das war kein Unfall, das war Mord: „Tatort: Erika Mustermann“ (Sonntag, ARD, 20:15 Uhr).
Zudem es hier eine Verbindung vom Opfer zur Bundesdruckerei gibt. Der Tote Tomás Rey, ein Venezolaner, der mit seinem Bruder Luis (Henry Morales) und einem Freund ohne gültige Papiere unter falschem Namen in einer WG wohnte, hatte ein Verhältnis mit einer Sicherheitsmitarbeiterin der Bundesdruckerei, Annika Haupt (Annett Sawallisch).
Und was kriegt man in der Bundesdruckerei? Bargeld, aber eben auch gültige Papiere. Im Umfeld der illegalen Dreier-WG decken Bonard und Karow einen größeren Schmuggelhandel mit Pässen auf, dessen Ausmaß weit über die Venezolaner, die Bundesdruckerei und Berlin hinausgeht.
Ein „Tatort“-Thema, das gehörig die Fantasie anregt. „Hier wird das ganze Geld für Deutschland gedruckt“, heißt es an einer Stelle zur Bundesdruckerei, und eben auch die Pässe, an denen Leben hängen oder, genauer, die Frage: Wo und wie lebt man?
Ob in Armut in Venezuela oder im reichen Deutschland. Das hat Brisanz und weckt kriminelle Instinkte. Es überrascht tatsächlich, dass „Erika Mustermann“ gefühlt der erste „Tatort“ inside Bundesdruckerei (BDR) ist.
Die sichersten Dokumente der Welt?
Vielleicht liegt’s daran, dass die (reale) Bundesdruckerei stolz darauf ist, die sichersten Dokumente der Welt herzustellen. Aber was heißt das schon bei der Anfälligkeit unserer digitaler werdenden Sicherheitssysteme gegenüber viralen Angriffen: sicher?
Und dazu noch das Thema Migration. Mit der Verquickung haben sich die Writers-Room-Autoren des „Tatort“ weit aus dem Fenster der Bundesdruckerei gelehnt. Die Mafia spielt auch noch mit.
Man kann nur hoffen, dass man (wer auch immer) in Wirklichkeit nicht doch so leicht an einen Pass kommt wie in diesem Krimi, wo es nur ein paar korrupter BDR-Mitarbeiter und digitaler Schlupflöcher braucht.
Interne Abläufe der Bundesdruckerei sind laut Disclaimer frei erfunden. Trotzdem oder gerade deswegen lässt man sich diese teils an den Haaren herbeigezogene Geschichte bis zum Showdown in der Druckerei gerne erzählen. Ein Großstadt-Krimi, packend inszeniert von Torsten C. Fischer.
Aufgeladen vom Schicksal der hier ohne gültige Papiere lebenden Migranten, die unter prekären Bedingungen als Fahrradkuriere rund um die Uhr arbeiten und auch noch ihre Niere verkaufen, nur, um in Deutschland leben zu können.
Und von der Neugier, zu erfahren, ob die Ermittler Karow und Bonard nicht doch noch mal wärmer miteinander werden, bevor es im Frühjahr 2026 auseinander geht. Da verlässt Corinna Harfouch den Berliner „Tatort“ nach nur sechs Folgen schon wieder. Der RRB hatte mit der Schauspielerin nur sechs „Tatort“-Episoden vereinbart. Wer ihre Nachfolge übernimmt, steht noch nicht fest.
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