
© SWR/Benoît Linder
So gut ist der Ludwigshafener „Tatort“: Nur der Reichsbürger war Zeuge
All zu leichtes Spiel für „Tatort“-Kommissarin Odenthal: Ein junges Killer-Pärchen hat sich im Spießer-Vorort den falschen Mitwisser ausgesucht.
Stand:
Ein brisantes Treffen im Eigenheim: Der Mittzwanziger Mike stellt seine Freundin Nisha den Eltern vor. Der Vater ist nicht so amüsiert ob des Migrationshintergrundes der jungen Frau. Das Treffen ist mühsam, wird feindselig und eskaliert, als das junge Paar von Hochzeitsplänen und Schwangerschaft berichtet.
Plötzlich stehen Mike (Jeremias Meyer) und Nisha (Amina Merai) im Eltern-Wohnzimmer vor zwei Leichen. Panisch beschließen die beiden, die Tat zu vertuschen, die Leichen verschwinden zu lassen und den Nachbarn zu sagen: Die Eltern sind in den Urlaub gefahren.
Es dauert 20, 30 Minuten, bis das ein Fall für die Kommissarinnen Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und Johanna Stern (Lisa Bitter) wird, so gänzlich ohne Leiche: „Tatort: Mike & Nisha“ (Sonntag, ARD, 20:15 Uhr).
Nachbar Erwin Ramthor (Wolf Bachofner, im Foto) macht’s möglich. Ein selbst ernannter Reichsbürger, der mit Späh-Ausrüstung akribisch protokolliert, was in der Umgebung passiert, vor allem bei den Schaubs, Mikes Eltern, den Ermittlern aber nicht alles erzählt und nun bei dem jungen Paar als Mitwisser an der Eskalationsschraube dreht.
So ein schönes Paar. So unschuldig. Und so nervös.
Kommissarin Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) im „Tatort“ über die Verdächtigen Mike und Nisha
Es passiert selten im „Tatort“, dass die Täter so schnell bekannt sind. Wenn man das macht, sollte die Geschichte allerdings aus anderem Garn gesponnen sein als in diesem Fall.
Bestenfalls kriegt man das so hin wie Patricia Highsmith in ihren psychologischen Kriminalromanen, wo man Sympathien mit den – gar nicht so eiskalten – Tätern entwickelt. Wo man wissen möchte, wie diese sich von Verlegenheit zu Verlegenheit hangeln und am Ende vielleicht doch noch damit durchkommen.
Anders in diesem „Tatort“ (auch wenn es am Ende eine überraschende Volte gibt). Zu naiv-sorglos, im Grunde auch unsympathisch, die beiden jungen Täter, zu klischeeartig die spießige Observanz in einer Vorort-Eigenheimsiedlung, in der nichts unbeobachtet bleibt, und, zu schlechter Letzt, allzu gemütlich und unangestrengt die Stimmung im Ludwigshafener „Tatort“-Revier.
Odenstahl, Stern und ihre beiden jungen Kommissarinnen-Anwärter Nico (Johannes Scheidweiler) und Mara (Davina Chanel Fox) machen beim Familiendrama einen auf Spannung und schwere Ermittlerarbeit, wo relativ wenig Spannung und Arbeit ist. Frei nach dem Motto: Wir spielen mal Kommissare. Ein „Tatort“ als besserer Kaffeeklatsch. Da hilft auch kein sinistrer Reichsbürger mehr.
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