
© Anna k.o. (Promo)
Soloalbum von Mia-Sängerin: Mieze Katz tanzt im Konfettiregen mit Hildegard Knef
Elektronischer und weiblicher als bei Mia geht es auf dem Solodebüt „Dafür oder dagegen“ der Berliner Sängerin zu. Ein bisschen Politik ist auch dabei.
Stand:
Straßenbarrikaden, Unruhen, Demos – üblicherweise keine Worte, die in Deutsch-Pop-Songs vorkommen. Doch in aufgeheizten Zeiten wie diesen verschieben sich offenbar einige Parameter. Und so hat die Berliner Sängerin Mieze Katz, deren Band Mia seit den nuller Jahren zu den bekanntesten Deutsch-Pop-Gruppen zählt, ihr Solodebüt „Dafür oder dagegen“ genannt und zeichnet im Titelstück mit eben jenen Worten das Bild einer Stadt nach nächtlichem Aufruhr.
Zwar ist es kein Protestsong im Sinne von Pete Seeger oder Public Enemy, allerdings dürften Mieze Katz und Gastsängerin Wilhelmine ein weit verbreitetes Gefühl treffen, wenn sie im Refrain zur pochenden Bassdrum singen: „Für ein’n kurzen Augenblick/ Wär ich gern die Welt los/ Wär ich gern grundlos glücklich mit dir/ Für ein’n kurzen Augenblick/ Wär ich gern die Schwere los/ Wär ich gern grundlos sorglos mit dir.“
Unbeschwert unpolitisch sein ist gerade nicht drin. Auch nicht für eine Sängerin, die die Liebe in Liedern wie „Hungriges Herz“ oder „Tanz der Moleküle“ so wunderbar leicht und mitreißend besungen hat. Für ihr erstes Soloalbum hat die 46-Jährige sich bei jedem der elf Stücke mit Gast-Sänger*innen zusammengetan.
Die Liste reicht von Annett Louisan über Christin Nichols, Ami Warning und Gwen Dolyn bis hin zu Tarik Tesfu – ihnen allen ist gemeinsam, dass sie keine cis Männer sind oder positiv ausgedrückt, dass sie unter das Akronym Flinta fallen, sich also als Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre, trans oder agender Personen identifizieren.
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Auch bei der Produktion, dem Mastering und der Mischung setzte Mieze Katz, bürgerlich Maria Mummert, auf Flinta-Power, nur beim Komponieren und Einspielen halfen ihre Mia-Bandkollegen. Nach knapp drei Jahrzehnten in diesem sehr männlich geprägten Umfeld sei bei ihr „der Wunsch nach einer bewussten Gegenbewegung“ entstanden, hat Mieze Katz in einem Interview gesagt.
Drumcomputer trifft auf verträumte Synthiestreicher
Ähnlich wie Charlotte Brandi, die mit „An den Alptraum“ vor zwei Jahren ein komplett männerfreies Album veröffentlichte, sorgt sie mit diesem Ansatz für Flinta-Sichtbarkeit und Empowerment. Auch indem sie in einen Song wie „Boys & Girls & Theys“ ganz beiläufig nicht-binäre Menschen einbezieht, die im Englischen oft die Pronomen „they/them“ benutzen.
Der Sound von „Dafür oder dagegen“ bewegt sich im Mia-Kosmos, ist allerdings etwas elektronischer und clubinspirierter geraten. Programmatisch rotieren die Beats und Bässe gleich zu Beginn in „LiLiLiebe“, dann gibt es in „Prosecco“ auch mal eine NDW-Schlagseite oder feinen R’n’B-Pop wie bei „Zorn & Liebe“.
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In „Bei dir sein“ treffen Drumcomputer auf verträumte Synthiestreicher – und die Stimme von Hildegard Knef, aus deren Song „Lass mich bei dir sein“ von 1967 hier zwei Zeilen gesampelt wurden. Der Song ist zugleich ein Abschiedsgruß an die verstorbene Mutter von Mieze Katz und eine Hommage an die Knef, deren 100. Geburtstag in diesem Jahr ansteht.
Ein zweites Mal erwähnt Mieze Katz die große Kollegin bei der Klavierballade „Buntes Konfetti“, in der sie ihre Stimme beim Namen Knef kurz in deren tieferes Register fallen lässt, um dann aus dem Rote-Rosen-Song zu zitieren.
Auch Sätze von Édith Piaf, Audrey Hepburn und Frida Kahlo sind Teil des Textes, den Mieze Katz zusammen mit Namika singt. Eine imposante Ahninnenreihe, die offenbar zum Abheben inspiriert: „Ich weiß, ich krieg’ Flügel/ Irgendwann werden sie wachsen/ Ich fühl’ schon die Federn/ Unter meiner Haut kratzen“, heißt es im Refrain.
„Dafür oder dagegen“ ist ein kurzweiliges, ermutigendes Album geworden, das Mieze Katz am Mittwoch im Meistersaal in Berlin live vorstellt. Und Mia-Fans müssen übrigens keine Sorge haben: Die Band tritt im Sommer bei einigen Festivals auf und ist 2026 auf einer eigenen Tour.
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