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Komödiant zum Schlagbohrer: Dimitrij Schaad spielt in „Sabotage“ einen jüdischen Künstler. Der will nicht der Schiedsrichter sein, der bei antisemitischen Abseits pfeift.

© Ivan Kraftsov

Yael Ronens neues Stück an der Schaubühne: Dimitrij Schaad über die politische Sprengkraft von „Sabotage“

Dimitrij Schaad spielt einen jüdischen Filmemacher, der Beziehung und Karriere aufs Spiel setzt. Im Gespräch übers Schreiben, Spielen und die fehlende Leichtigkeit am Theater.

Von Sandra Luzina

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Gerade hat Dimitrij Schaad seine 75. Vorstellung von „The Silence“ an der Schaubühne gespielt. In dem autofiktionalen Stück von Falk Richter schlüpft er in die Rolle des Autors. Für seine Darstellung wurde er von „Theater heute“ zum Schauspieler des Jahres 2024 gewählt.

Seit dieser Spielzeit gehört er auch zum Ensemble der Schaubühne. Als das Angebot kam, habe er erstmal Nein gesagt, erzählt er. Schaad feiert ja nicht nur Erfolge am Theater, sondern reüssierte auch beim Film und als Serien-Autor.

„Ich habe eine eigene Serie für Netflix geschrieben, die im nächsten Jahr weltweit rauskommen wird, ,Kacken an der Havel’ heißt sie. Ich schreibe gerade an einer anderen Serie und Filmstoffen – die Anfrage war also toll, aber ich konnte nicht ohne Weiteres einen normalen Festvertrag unterschreiben.“ 

Es wurde dann so lange verhandelt, bis die Bedingungen akzeptabel waren für Schaad. Er wird nur ein Stück pro Spielzeit machen. Gerade probt er mit der israelischen Regisseurin Yael Ronen, die er noch aus seiner Zeit am Gorki kennt, das Stück „Sabotage“.

Die beiden sind ein eingeschworenes Team, Ronen hat den Schauspieler auch ermutigt, zu schreiben. Beide haben ein ähnliches Humorverständnis. „Sie kann komplexe Dinge so zusammenfassen, dass ich gleichzeitig darüber nachdenken und lachen muss“, so Schaad. Er ist in den Denk- und Schreibprozess eingebunden und hat versucht, Ronen in eine bestimmte Richtung zu pushen.

„Sabotage“ werde ein politischer und sehr lustiger Abend, versichert er. „Es geht um einen jüdischen Filmemacher in Berlin, der nach Jahren des Schweigens zu Gaza beschließt, sich endlich öffentlich zu äußern – was natürlich ein Pulverfass ist“, verrät Schaad. „Und das zu einem Zeitpunkt, wo das der Karriere seiner Frau schaden könnte, wodurch seine Frau wiederum anfängt, diesen Film zu sabotieren.“ 

Wie ein Paar die gemeinsame Beziehung torpediert, das ist natürlich ein toller Stoff für eine Komödie. Seine politische Durchschlagskraft bezieht das Stück daraus, dass hier das Dilemma jüdischer Künstler beleuchtet wird.

„Die Position eines jüdischen Künstlers innerhalb der deutschen Gesellschaft ist eine paradoxe“, sagt Schaad. „Meine Figur hat das Gefühl, mal ‚der Gute Jude‘ sein zu müssen, mal ‚der Schiedsrichter, der pfeifen soll bei antisemitischem Abseits‘, wie es im Stück heißt, mal das Feigenblatt für deutsche Debatten. Wir leben in einer erhitzten Zeit, in der weltpolitische Konflikte im Wohnzimmer ausgetragen werden.“

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Er vermisse ein wenig die Leichtigkeit, mit der zu den Anfangszeiten des Gorki Theater gemacht wurde, erzählt Schaad. Das lustvolle Spiel mit den Klischees sei heutiger schwieriger.

Mit „Sabotage“ unternehmen Ronen, Schaad und das restliche Ensemble nun trotzdem den Versuch, humoristisch aufzuarbeiten, was gerade geschieht. Mit scharfem Blick widmen sie sich Themen, die eine besondere Sprengkraft haben.

„Mit Konfliktzonen meine ich auch die deutsche Schwierigkeit, mit jüdischem Leben umzugehen in den Nachwehen von Gaza“, so Schaad.

„Sabotage“ ist eine bissige Gesellschaftskomödie, die immer neue Volten schlägt. „Es gibt eine Therapeutin, die sich die Zähne an meiner Figur ausbeißt, ihren Bruder, der nach einem Schlaganfall einen übergewichtigen Jesus sieht, und meine Frau, die mit ihren Lebenslügen konfrontiert wird“, umreißt Schaad das Personentableau.

Die fragilen Konstrukte, auf denen das Zusammenleben der vier Figuren beruht, krachen hier zusammen. Komisch ist das auch, weil Schaad in der Kunst der Selbst-Sabotage glänzt.

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