
© dpa/Philipp von Ditfurth
Zum TV-Abschied von Thomas Gottschalk: Intelligente Unterhaltungskunst
Thomas Gottschalk hat bei RTL verkündet, dass jetzt Schluss sei mit ihm und den großen Samstagabendshows. Es wurde Zeit – und doch wird dem Fernsehen mit ihm etwas fehlen.

Stand:
Jetzt also wirklich? So richtig nie wieder Thomas Gottschalk im Fernsehen, zumindest als aktiver Part, als Samstagabend- und „Wetten, dass...?“-Moderator?
Es scheint jedenfalls so. Denn Gottschalk hat sich am Samstagabend in der RTL-Show „Denn sie wissen nicht, was passiert“ bei Günther Jauch und Barbara Schöneberger offiziell verabschiedet. „Es gibt immer einen Moment, in dem man sagen kann: Das war’s für mich am Samstagabend. Und dieser Moment ist heute für mich gekommen.“
Es wusste niemand, dass das passiert – und dann noch bei RTL. Aber Gottschalk hatte in seinem letzten Buch „Ungefiltert“ schon angedeutet, dass es da unterschiedliche Vorstellungen von seinem Abschied gegeben hat: Das ZDF hatte eine „kleine Form“ im Sinn, er dagegen „was Großes in der Primetime am Samstagabend“.
Schon den Rahmen der letzten „Wetten, dass …?“-Show empfand er als „etwas popelig“. Eine gewisse Kränkung hat also beim Abschiednehmen mitgespielt.
Ich traue mich öffentlich nicht mehr zu sagen, was ich im privaten Kreis sagen würde.
Thomas Gottschalk in „Ungefiltert“
Aber selbst beim ZDF gehen die Uhren inzwischen anders und „mit der Zeit“, könnte man sagen. Gottschalk wurde dann, auch wenn er immer wieder noch eine Show und noch eine Show gemacht hat, zu einem Dinosaurier der TV-Unterhaltung, dessen Zeit gekommen ist.
Der Witz mit dem Papst, den er bei Jauch und Schöneberger gemacht hat, dass dieser nun jünger sei als er und deshalb für ihn als 74-jährigen „die Sache gelaufen“ sein müsse, passt da ins Bild. Der wirkt ein bisschen lahm.
Und dass er es mit einer jüngeren Generation und ihren Sprachgewohnheiten nicht mehr so hat, darüber hat er in „Ungefiltert“ über dreihundert Seiten Auskunft gegeben. Das liest sich mitunter peinlich-eitel, auch weinerlich, da stehen Sätze wie „Ich traue mich öffentlich nicht mehr zu sagen, was ich im privaten Kreis sagen würde.“
Trotzdem könnte es sein, dass man Gottschalk eines Tages vermissen wird, vielleicht sogar sofort. Zumindest ist eine jüngere Ausgabe von ihm nicht in Sicht. Denn er ist, gerade in seinen großen Zeiten, schon auch ein perfekter Unterhaltungskünstler gewesen: gleichermaßen intelligent wie frech-respektlos, dabei stets gut gelaunt und frisch nach vorn.
Das wirkte bei ihm immer glaubwürdig, nie aufgezwungen, nie verstellt. Gottschalk hat, um einmal in die Literatur zu wechseln, Sendung für Sendung einen intelligenten Unterhaltungsroman geschrieben. Und er hat es geschafft, dem deutschen TV Internationalität zu verleihen, was nach ihm keine Generation mehr geschafft hat.
Glaubwürdig, nie aufgesetzt
„Auch das klassische Fernsehen ist am Ende seiner Bedeutung“, hat Gottschalk in „Ungefiltert“ orakelt. Schon gar, wenn er nicht mehr dabei ist, könnte man interpretieren.
Doch wirkt es nicht zuletzt bei den Öffentlich-Rechtlichen so, als täten sie sich tatsächlich schwer mit ihrem Bedeutungsverlust, so irrlichternd sie mit ihren Kultur- und Unterhaltungsshows verfahren, so sehr sie sich vertun mit den Mischkes, Lobrechts, Silbereisens, Kerners oder Nuhrs, so wenig wie sie noch wissen, wie kluges Entertainment in Zeiten von TikTok generationsübergreifend funktioniert.
Ob Gottschalk jetzt mit sich im Reinen ist? Das kann man noch einmal überprüfen Ende des Jahres, da tritt er erneut auf bei Jauch und Schöneberger und „Denn sie wissen nicht was passiert“. Das also wird seine Abschiedsshow, bei RTL. Günter Jauch hat ihm schon offeriert, dass er den ganzen Abend moderieren dürfe.
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