
© AFP/MARCO LONGARI/Bearbeitung Tagesspiegel
Zum Tod der Künstlerin und Kuratorin Koyo Kouoh: Jenseits der gängigen Museumskultur
Nächstes Jahr sollte sie die Biennale in Venedig verantworten. Nun ist Koyo Kouoh im Alter von nur 57 Jahren überraschend verstorben. Ein Nachruf.
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Es ist dies ein schwerer Schlag für den globalen Kunstbetrieb: Die Kuratorin, Museumsleiterin und Künstlerin Koyo Kouoh ist im Alter von nur 57 Jahren gestorben, wie die Stiftung der Biennale in Venedig am Samstag auf ihrer Website mitteilte.
Kouoh war Ende vergangenen Jahres dazu auserkoren worden, die 61. Ausgabe der Biennale 2026 zu kuratieren, als erste Frau aus dem afrikanischen Kontinent. Am 20. Mai wollte sie ihr Biennale-Programm vorstellen.
Kouoh machte sich vor allem um die so dringend benötigte Begegnung der Kulturen Afrikas und Europas verdient, zuletzt als Chefkuratorin des in Kapstadt angesiedelten Zeitz Museum of Contemporary Art Africa.
Geboren 1967 in Douala in Kamerun, kam sie im Alter von 13 Jahren in die Schweiz, wo sie eine Bankausbildung machte und Betriebswirtschaftslehre sowie Kulturmanagement studierte.
Kunst hat eine soziale Funktion
Ihre Karriere im Kunstbetrieb begann sie dann im Senegal, wo sie in Dakar Ende der neunziger Jahre die Raw Material Company gründete. Das Zentrum für Kunst, Wissen und Gesellschaft hat es sich zur Aufgabe gemacht, Kunst und Intellektualität des afrikanischen Kontinents zu fördern, zu zeigen und in den Rest der Welt zu transportieren. Und das alles jenseits einer klassischen europäischen Museumskultur, der Kouoh kritisch gegenüberstand.
Kunst war für die Kuratorin nichts, was man einfach nur aufbewahrt, ein Gegenstand, sondern mehr etwas Soziales, auch Spirituelles, über sich selbst Hinausweisendes.
Trotzdem musste sie sich als Kuratorin mit den gegebenen Museumsstrukturen arrangieren, was sie als Expertin für Fotografie, Video und Installationen erfolgreich tat. Sie verantwortete zahlreiche Ausstellungen, wirkte an der Documenta 12 und 14 mit, erhielt den Großen Schweizer Kunstpreis, leitete 2022 die Phototriennale in Hamburg und kuratierte zuletzt eine Ausstellung mit panafrikanischer Kunst im Kunstmuseum Basel.
Eklat in München
Einen Eklat allerdings löste sie im Oktober 2024 in München mit einer Rede aus, in der sie Deutschlands Haltung zum Nahost-Konflikt kritisierte und dessen vermeintliche übertriebene Solidarität mit Israel, das „sein Regime des Terrors und der Zerstörung auf den Libanon ausgedehnt hat“.
Auch dass in Deutschland gerade im Kunstbetrieb Menschen mit propälästinensischer Haltung und wegen einer „offensichtlichen ungerechten Grundlage der Politik“ ausgeschlossen würden, monierte Kouoh, das Land würde so „einen tiefgreifenden Mangel an Geschichtsbewusstsein und Empathie“ aufweisen. Ob sich diese Haltung zu Nahost auch auf die Biennale 2026 auswirken wird?
Wie immer man solche Aussagen bewerten mag: Die Lücke, die Koyo Kouoh in der zeitgenössischen Kunst hinterlässt, ist eine große. Die Ursache ihres Todes nannte die Biennale nicht.
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