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Manchmal ist das Dach über dem Kopf nur eine Plane.

© dpa

Berlins Oranienplatz: Der Senat ist der Flüchtling

Nach 18 Monaten weiß in Berlin immer noch keiner, wer für die Flüchtlinge am Oranienplatz zuständig ist. Dabei ist es gerade das, was unseren Rechtsstaat ausmacht - ein berechenbares Verfahren.

Von Fatina Keilani

Bald ist März, die Kältehilfe läuft aus, und die Flüchtlinge vom Oranienplatz stehen wieder auf der Straße. Sie sind noch da? Na so was. Der Berliner Senat hatte wohl gehofft, das Problem werde sich von alleine lösen.

Die Lage ist die: Vor anderthalb Jahren kamen die Lampedusa-Flüchtlinge in Berlin an. Sie treten selbstbewusst auf, haben Forderungen. Italien hat sie als Asylbewerber anerkannt, dann aber weggeschickt. Die Afrikaner haben Berufe gelernt, sie wollen arbeiten, keine Almosen. Was wird nun aus ihnen?

Mit Politikern reden bringt nichts

Je länger es dauert, desto wahrscheinlicher ist, dass sie bleiben. Die Innenverwaltung kann auf Nachfrage nicht einmal sagen, was der Stand der Dinge ist, obwohl zu ihr die Ausländerbehörde gehört. Sie verweist an die Integrationsverwaltung. Die Verwaltung von Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) teilt nur mit, Frau Kolat sei weiter „in Verhandlungen mit den Flüchtlingen“. Doch wozu und worüber? Was die Flüchtlinge wollen, nämlich das Aufenthaltsrecht und das Recht zu arbeiten, kann sie ihnen nicht geben.

Ein Verwaltungsverfahren läuft in Deutschland in der Regel so ab, dass zunächst jemand einen Antrag bei der zuständigen Behörde stellt, diese dann die rechtlichen Voraussetzungen prüft und schließlich einen Bescheid erteilt. Egal auf welchem Gebiet. Auch eine Bauerlaubnis bekommt man nicht durch Verhandeln, sondern indem das Vorhaben die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt. Passt dem Antragsteller der Bescheid nicht, kann er Widerspruch einlegen und klagen. Den Flüchtlingen vorzugaukeln, sie könnten etwas erreichen, indem sie mit Politikern reden, ist eine Irreführung.

Warum immer noch keiner weiß, wer für die Flüchtlinge zuständig ist

Auch die Kreuzberger Bürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) kann allenfalls über die Zelte auf dem Oranienplatz entscheiden; wer von ihr mehr erwartet, der erwartet zu viel. Herrmann erinnert gern daran, dass der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit die Richtlinienkompetenz habe. Doch der hat sich bisher nur einmal eingeschaltet – um den Innensenator zurückzupfeifen, der die Räumung des Platzes erwogen hatte.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ist für Asylverfahren zuständig, die Länder für das Aufenthaltsrecht – und dafür, die Asylbewerber unterzubringen und zu versorgen. Das BAMF teilte am Freitag auf Nachfrage mit, es habe keine Kenntnis darüber, ob die Flüchtlinge vom Oranienplatz sich in laufenden Asylverfahren befinden.

Es weiß also immer noch keiner, wer für die Flüchtlinge zuständig ist, obwohl die drei Monate Bewegungsfreiheit längst abgelaufen sind. Dabei ist es gerade das, was unseren Rechtsstaat ausmacht: berechenbare Verfahren. Es scheint so einfach: Sind sie Asylbewerber, ist das BAMF zuständig, anderenfalls Berlin. In der aktuellen Lage ist der Senat der Flüchtling: vor der Realität.

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