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Berlinale Bären warten auf ihre neuen Besitzer.

© imago/Future Image/IMAGO/Nicole Kubelka

Berlinale, Oper, Museen: Ewig muss sich diese Stadt vergleichen

Es gibt hier in Berlin einen seltsamen Zwang. Man will sich immerzu mit anderen Weltstädten messen. Und ist Weltmeister nur in schlechter Laune.

Nächstes Jahr im Februar machen wir es wirklich mal ganz anders. George Clooney steuert sein Boot über den Landwehrkanal, steigt an der Potsdamer Brücke aus und läuft über einen gestreuten Sandweg unter dem Jubel der Filmfans zum Berlinale-Palast. Und die Bären werden vor echten Palmen im Tropical Islands Resort verliehen, draußen in Brandenburg ....

Berlin ist nicht Cannes. Berlin ist nicht Venedig. Man kann es nicht mehr hören. Ewig muss sich diese Stadt vergleichen. Es fehlt hier offensichtlich an Selbstbewusstsein. Und da sich dieses Minderwertigkeitsgefühl gern mit Großmannssucht verbindet, werden wir sie nicht los, die typische Berliner Mischung.

Nie zufrieden

Gehen wir die Liste mal durch: Die Berlinale sucht sich selbst. Es ist ihr nicht genug, das größte Publikumsfestival der Welt zu sein. Und ja: Wir haben auch eine Kunst-Biennale, aber die kann sich nicht im Entferntesten mit Venedig messen.

Das Humboldt Forum ist langweilige, klotzige Architektur. Ganz anders dagegen das dschungelartig überwachsene Musée du Quai Branly! Der Hamburger Bahnhof hat eine lichte, große Halle. Steht man dann im Musée d’Orsay, hat man das Gefühl, aus der Provinz zu kommen.

Die anderen haben es besser

Denn Berlin ist auch nicht Paris. Auch wenn wir eine staatliche Oper mehr haben. Und bekanntlich mehr Brücken als Venedig. Irgendetwas muss es ja sein, was vor allem junge Menschen anzieht, die in Berlin leben wollen, kreativ und so.

Früher waren es die relativ günstigen Wohnungsmieten. Aber da hat Berlin - ja verdammt, schon wieder - im internationalen Vergleich kräftig zugelegt. Was bleibt von dieser unvergleichlichen Stadt von Welt, wenn sie sich nur im Negativen messen kann?

Und so ist auch dieser Text vom Berlin-Bug infiziert. Die Berliner Philharmoniker sind die Berliner Philharmoniker. Weltspitze, unbestritten, wie jetzt auch der Kinofilm „Tár“ mit Cate Blanchett zeigt. Aber sonst? „Berlin ist unwiderstehlich“, sagte einmal Neil MacGregor, Gründungsdirektor im Humboldt Forum. Es gebe nur eine Handvoll Orte – Paris, London, St. Petersburg zum Beispiel –, die globale Sammlungen wie Berlin besitzen. Diese Berliner Museumssammlungen seien allerdings noch „underperformed“.

Und dann war MacGregor weg. Vertrieben von der Berliner Bürokratie und bornierten Museumsleuten. Genervt von den Schwierigkeiten, die unsichtbaren Mauern der Metropole zu überwinden, gebremst von den Kräften der Beharrung. Overrated und underperformed, auf gut Deutsch. Damit ließ sich lange gut leben. Mit der weltbekannten schlechten Laune. Sollte Berlin einmal zu sich selbst kommen, wird es nicht wiederzuerkennen sein.

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