zum Hauptinhalt

Ein SPRUCH: Drohnen ohne Grenzen

Drohnen sind Killermaschinen. Die US-Regierung plant ihren weltweiten Einsatz, ohne Rücksicht auf Verluste.

Fortschritt heißt, dass es oft anders kommt, als man denkt. Wer hätte geglaubt, dass nach der bemannten Luft- und Raumfahrt eine deutlich ältere Disziplin zu einem neuen Höhenflug ansetzen würde – die unbemannte Luftfahrt? Bundeswehr und Polizei in Deutschland lassen schon über 300 Drohnen ausschwärmen, darunter drei Dutzend fette Späher mit einem Gewicht von über 150 Kilogramm. Korrekt, wie wir sind, schuf unser Gesetzgeber soeben eine neue Kategorie, „unbemannte Luftfahrtsysteme“.

Beflügelt werden die Vorhaben vom Erfolg im Militärischen, wie oft bei technischen Neuerungen, siehe Internet. US-Präsident Barack Obama hat Drohnen seit geraumer Zeit als Mittel im Präventivkrieg gegen den Terrorismus entdeckt. Sie töten Menschen, die der US-Geheimdienst CIA als Gefährder des Landes ausgemacht hat. Schätzungen gehen von mehr als 2000 Opfern aus, darunter hunderte Zivilisten. Offizielle Angaben dazu gibt es kaum. Man hatte wenig Worte darum gemacht in der US-Administration.

Erst seit einer Woche ändert sich das. Obama räumte in einem Chat mit Bürgern erstmals ein, mit Drohnen „sehr präzise“ Angriffe in Pakistan gegen „aktive Terroristen“ fliegen zu lassen. Ebenfalls bei halboffizieller Gelegenheit, vor Jurastudenten in Chicago, unterfütterte Justizminister Eric Holder Obamas Ansage mit einer Exegese des Völkerrechts: Man befände sich in einem bewaffneten Konflikt mit Al Qaida und den Taliban, also dürfe man zuschlagen, auch wenn es „kein konventioneller Krieg“ sei; drohe „unmittelbare Gefahr“, dürfte man sogar US-Bürger unter Beschuss nehmen.

Es fällt leicht, die Amerikaner zu kritisieren, wenn man unsere Maßstäbe an sie anlegt. Nur sind wir kein Land, dass tausende Terroropfer zu beklagen hat, dass den Blutzoll zu zahlen gewohnt ist, den Kampfeinsätze kosten. Freuen – wie Angela Merkel – musste man sich nicht, als Osama bin Laden im Kugelhagel starb. Aber man muss den Amerikanern zugestehen, ihren militärischen und juristischen Aktionsradius bis in Grenzbereiche zu dehnen, um sich zu schützen.

Doch für die Drohnen soll es offenbar keinerlei Grenzen mehr geben. Meint Holder, was er sagt, schickt er die Killermaschinen auf die Startbahn für einen weltweiten Einsatz ohne Rücksicht auf Verluste. Gemünzt war seine Rechtfertigung auf die Tötung des mutmaßlichen Terroristen Anwar al Awlaki im Jemen, eines Mannes mit US-Pass, fast 3000 Kilometer entfernt vom Kriegsgebiet in Afghanistan. Krieg ist dort, wo unsere Drohnen hinfliegen, lautet die Botschaft. Und unser Feind ist, auf wen sie zielen. Auch über Syrien sollen sie schon gesichtet worden sein. Guantánamo, Abu Ghraib – das könnten Kleinigkeiten gegenüber dem Schaden sein, den der mächtigste Staat der Welt anderen und sich selbst zufügt, wenn es bei dieser Strategie bleibt.

Zur Startseite