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GASTKOMMENTAR: Klare Sprache, klare Ziele

Die Kämpfe im Gazastreifen dauern an. Die internationale Staatengemeinschaft versucht zu vermitteln. Das Problem ist nur: Mit der Hamas ist kein Dialog möglich.

Seit der Wahl des neuen US- Präsidenten sind Thinktanks, Journalisten und Experten damit beschäftigt, Barack Obama Empfehlungen zu geben, wie er sich in der Innen- und in der Außenpolitik verhalten soll. Ihm wird dabei oft geraten, sich international stärker zu engagieren. Nach der Erfahrung mit der Politik der Bush-Administration scheint das vage Wort Engagement fast wie eine Zauberformel zu sein. Aber ist verstärktes Engagement das geeignete Mittel für die Lösung aller Konflikte?

Wenn man schon Engagement als Mittel anwendet, dann muss es klare Rahmenbedingungen geben (Ziele, Mittel und ein klarer Zeitplan). Ich möchte behaupten, dass Engagement ohne diese Vorbereitungen zum Scheitern verurteilt ist und die Lage langfristig sogar verschlimmern werden könnte.

Nehmen wir als Beispiel die Aufforderung, dass Israel direkt oder indirekt mit der Hamas verhandeln soll – zunächst kurzfristig, um den Krieg zu beenden, und langfristig, um künftige Krisen zu vermeiden. Was das kurzfristige indirekte Engagement angeht, so scheint mir, dass aus Israels Sicht die Lage noch nicht reif ist, um die militärische Auseinandersetzung zu beenden. Und langfristig muss auf die Aussagen von Hamas-Aktivisten verwiesen werden, deren Botschaft lautet: Für Israel gibt es im Nahen Osten keinen Raum.

Die Hamas wird Israel niemals rechtmäßig als jüdischen Staat anerkennen. Aus dieser Grundüberzeugung heraus verachtet die Hamas den Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, weil er bereit ist, einen Kompromiss einzugehen und mit Israel über eine Zwei staatenlösung zu verhandeln. Die Aussichten für die Beilegung des israelisch-palästinensischen Konflikts sind im Moment daher schlecht. Trotzdem müssen weitere Schritte unternommen werden, um der Autonomiebehörde (und uns) zu helfen, Strukturen aufzubauen, die zur Verbesserung der Lage beitragen könnten, wie es heutzutage etwa in der Stadt Dschenin der Fall ist.

Aus Sicht der Hamas ist es das Ziel einer Vereinbarung mit Israel, eine langfristige Waffenruhe zu erreichen. Die Bedingungen dafür sind: Rückzug zu den Linien von 1967, Abschaffung aller Siedlungen und Freilassung aller Gefangenen. Sollte Israel sich darauf einlassen, werden wir der Hamas damit erlauben, sich in Gaza zu etablieren. Der Iran wäre in der Lage, seine destabilisierende Rolle in unserer Region mithilfe der Hamas auch weiterhin auszuüben. Der gemäßigte Flügel innerhalb des palästinensischen Volkes würde geschwächt. Nicht zuletzt würden wir der Hamas Legitimität verschaffen. Das auch zum Unbehagen der gemäßigten arabischen Regime, die die Hamas beziehungsweise die Muslimbruderschaft als Gefahr für die langfristige Stabilität derselben Regime betrachten.

Manche werden behaupten, die Politik des Engagements lohne sich allein schon zum Wahren der „Ruhe“. Das kann sein, aber der Preis, den wir langfristig dafür entrichten müssen, könnte sehr hoch ausfallen. Darüber sollten wir uns im Klaren sein. Nehmen wir als zweites Beispiel den Fall Iran. Dort hat die EU-Troika in den vergangenen Jahren unermüdlich versucht, die Politik des Engagements zum Erfolg zu führen. Der Hauptgewinner dieser Politik ist bis heute der Iran geblieben. Im Gespräch zu bleiben, und zwar über Jahre, weder Ja noch Nein zu sagen, das ist ein Riesenerfolg der iranischen Diplomatie. Trotz zahlreicher Angebote ist der Iran keinen Millimeter von seiner Haltung abgewichen, angereichertes Uran zu produzieren. Die Sanktionen hielten sich für den Iran im Bereich des Erträglichen. Eine

Politik des Engagements, die keine Fristen setzt und die zusätzlich zu den Anreizen auch nicht glaubwürdig mit der Keule droht, wird im Fall Iran keine Aussicht auf Erfolg haben. Ich hoffe, dass sich die neue amerikanische Administration darüber im Klaren ist.

Nur wenn wir verstehen, dass eine Politik des Engagements ein Mittel zum Zweck und kein reiner Zweck ist und wenn das Engagement mit klaren Vorstellungen verbunden ist, dann könnte diese Strategie Aussicht auf Erfolg haben.

Der Autor Shimon Stein war von 2001 bis 2007 israelischer Botschafter in Deutschland.

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