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Lesermeinung: Der eskalierte Potsdamer Uni-Protest und seine Folgen

Protest an der Universität eskalierte, 28.5.

Stand:

Protest an der Universität eskalierte, 28.5.

In dem Artikel fiel mir etwas Widersprüchliches auf. Ein Schreiben des AStA (Allgemeiner Studenten Ausschuss) wurde folgendermaßen zitiert: „Erst in diesem Jahr legte sie (Erika Steinbach) nach und setzte die amtierende polnische Regierung mit deutschen rechtsextremen Parteien gleich“. In einem früheren Interview sagte Steinbach aber, dass die Regierung der Partei von Lech Kaczynski mit der Liga Polnischer Familien und der Partei Roman Giertychs, in Teilen der DVP und der NPD ähneln würde. Allerdings ist das nicht die derzeitig amtierende Regierung unter Donald Tusk.

Markus Meier, per E-Mail

Bärendienst, 29.5.

Ich solidarisiere mich – nach langer Überlegung, mit den Studenten. Obwohl der flammende Appell Voltaires zur Meinungsfreiheit verteidigenswert ist, geht in diesem Fall der Protest vor. Was der Autor vergisst: Das Verhalten der Universitätsleitung war nicht souverän. Frau Steinbach hätte sofort den Dialog suchen können. Es ist unverständlich, warum zur Vortragsreihe „Siedlungsgeschichte der Deutschen in Ostmitteleuropa“ eine politisch so strittige Person wie Frau Steinbach geladen wurde und nicht ein Historiker mit Augenmaß – man bedenke ihre Ablehnung der Oder-Neiße-Grenze im Bundestag.

Insofern muss man sagen, die Form des Protestes ist strittig, inhaltlich stimme ich den Demonstranten aber zu.

Peter Jobmann, Student FH Potsdam

Bärendienst, 29.5., Geschichte im Streit 7.6.

Der Widerstand gegen den Vortrag findet meine grundsätzliche Zustimmung, ließ mich aber zweifeln, ob ein einmaliger Vortrag vielleicht doch „ertragen“ werden sollte. Die Siedlungsgeschichte der Deutschen im Osten – maßgeblich erkämpft durch den Deutschen Ritterorden – ist ja kein Ruhmesblatt.

Aber dann eine ganze Vortragsreihe von einer Politikerin (und Nichthistorikerin), die nun mal bewiesen hat, dass sie ziemlich einseitig argumentiert, da muss sich die „geistige Elite“ des Historischen Instituts verirrt haben. Vorhersehbarem Nationalismus eine Plattform zu bieten und Studenten zu verwirren kann nicht Bildungsauftrag im geeinten Europa sein. Wenn der Autor unter dem Titel „Bärendienst“ fordert, die Uni darf sich nicht erpressen lassen, so war das in diesem Falle eine notwendige Korrektur von außen, da sie von der Uni nicht erbracht wurde.

Ich finde, dass der Kommentar „Geschichte im Streit“ der Schlusspunkt zur Debatte sein kann. Mich hat er beruhigt und intellektuell erfreut.

Michael Korn, Kleinmachnow

Vorwürfe nach Protest gegen Steinbach 29.5.

Nachdem ich am Rande der Proteste von dem Potsdamer CDU-Kreisvorsitzenden Wieland Niekisch als „rötlich lackierter Faschist aus Bayern“ beleidigt wurde, ist es mir wichtig den Kontext der Beleidigung zu konkretisieren. Ich war in keinster Weise an den Ausschreitungen beteiligt und habe niemanden beleidigt. Nach der Auflösung der Sitzblockade, suchte ich die Diskussion mit Frau Steinbach, Stephan Henning, Vorsitzender des Potsdamer Ringes Christlich Demokratischer Studenten (RCDS) und Herrn Niekisch. Ich hatte hierbei – von der Eskalation der Ereignisse durchaus emotional berührt – die Frage aufgeworfen, ob der teilweise harte Einsatz der Polizei trotz der weitgehend friedlichen Proteste notwendig gewesen sei. Zudem hatte ich meine ablehnende Position argumentativ dargelegt, solchen Lobby-Vertretern, wie Frau Steinbach, ein wissenschaftliches Forum an den Universitäten zu bieten. Nachdem ich mich nach einer Diskussion mit Professor Pedro Barceló wieder den Herren Niekisch und Henning zuwandte, wurde ich von Niekisch mit obigen Zitat beleidigt. Anschließend bestritt Herr Niekisch mir und einer Journalistin gegenüber, mich mit den genannten Worten beleidigt zu haben. Um so erfreulicher ist, dass Niekisch nun gegenüber den PNN und gegenüber mir persönlich sein Bedauern für die Beleidigung ausdrückte. Hiermit ist die Angelegenheit für mich erledigt. Ich gebe aber zu bedenken, dass Beleidigungen kein Mittel der politischen Auseinandersetzung sein sollten.

Mathias Kern, Sprecher der Juso-Hochschulgruppe Potsdam

MEINung, 30.5. 2008

Für den Autor beginnt eine „kritische Urteilsbildung" erst im Moment des direkten Schlagabtausches. Texte und Medien als Mittel zur Meinungsbildung schließt er aus, auch das Internet, in dem man sich jederzeit informieren kann. Dass die Studis sich zuvor mit den Äußerungen beschäftigten, bezeugen die Diskussionspapiere, die am betreffenden Abend verteilt wurden. Leider wurden sie ungelesen und zerrissen den Verteilern entgegen geworfen. Und leider änderten die Debatten vor Ort nichts an der bis dahin gefassten Urteilsbildung. Wir möchten den Autor dazu ermutigen, sich vor Ort in den Raum der Diskussion zu begeben. Dann würden er erleben, wen er tolerieren oder demnächst vielleicht zu verhindern sucht.

Jonas Fest und Günther Schrempp, Potsdam

Fatale Außenwirkung für die Universität Potsdam

Einer Universität, die ihre internationalen Kontakte – insbesondere nach Mittel- und Osteuropa – intensivieren will, steht eine Einladung Frau Steinbachs nicht gut zu Gesicht. Einer Frau, die mit ihren Äußerungen bewusst die zwischenstaatlichen Beziehungen zwischen der Republik Polen und der Bundesrepublik eintrübt, sollte man kein Podium bieten. Unsinn kann und muss die Universität vertragen, die außenpolitische Symbolwirkung nicht. Diesen Fehler muss sich das Historische Institut vorwerfen lassen und es müsste ihn ausbaden. Das aber ließ der AStA nicht zu. Im kurzsichtigen Glauben, einer unfehlbaren Meinung zum Recht zu verhelfen, verhinderten die Studenten eine demokratische Diskussion, ohne den vorhergegangenen Fehler korrigieren zu können. Diese Außenwirkung ist genauso katastrophal. Es wird sich zeigen, ob die Beteiligten bereit sind, aus ihren Fehlern zu lernen. Die Universitätsleitung könnte dabei sinnvoll eingreifen, zum Beispiel mit einer Podiumsdiskussion, in der ein Historik-Professor neben einem AStA-Vertreter und Frau Steinbach neben dem Botschafter der Republik Polen sitzt.

Jürgen Stelter, Student an der Universität Potsdam und ehemaliger Kreisvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen Potsdam

Vortrag nachholen - notfalls mit Polizeischutz!

Die gewaltsame Verhinderung des freien Wortes erinnert fatal an die unseligen „68er“ im Westen Deutschlands. „Alle Macht den Räten, brecht dem Schütz (damals Westberliner Bürgermeister) die Gräten“, so grölten sie auf den Straßen. Zu Recht hat Günther Nooke, Menschenrechtsbeauftragter des Bundestages, sie einmal als die „Altlast des Westens“ bezeichnet. Und zu Recht hat der Potsdamer Oberbürgermeister Jann Jakobs gefordert, den Vortrag nachzuholen. Notfalls mit Polizeischutz, gegebenenfalls mit aller Härte gegen jeden Krawallmacher. Ich lehne es ab, mir von diesen Leuten vorschreiben zu lassen, was ich hören darf und was nicht. Wehrhafte Demokratie kann sich Toleranz leisten.

Dr. E.M. v. Livonius, Geltow

Ist es schon wieder so weit?

Ist es wieder so weit, dass linke Ideologen bestimmen, wer sprechen darf und wer nicht, wen wir anhören dürfen und wen nicht?

Helmut Weber, Schwielowsee

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