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Lesermeinung: Untergegangen?

Brandenburg ist Schlusslicht bei DDR-Aufarbeitung, 24.10.

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Brandenburg ist Schlusslicht bei DDR-Aufarbeitung, 24.10. 2008

Ich bewundere und respektiere Mario Röllig und die anderen Darsteller des Stückes „Staats-Sicherheiten“ . Sein Satz „Brandenburg ist Schlusslicht bei der DDR-Aufarbeitung“ ist leider wahr. In einem – satirischen – Einbürgerungstest wird gefragt: „Warum ist die DDR untergegangen?“ A: Wegen der Umtriebe der faschistisch-kapitalistischen BRD? B: Wegen der Oderflut? C: Wieso untergegangen? Die C-Antwort drängt sich in Brandenburg auf. Dazu einige Beobachtungen: Die hohe Anzahl der Stasi-IM – ob reuig oder nicht – und der in Moskau ausgebildeten Akademiker im Landesparlament ist nicht zu übersehen. In der politischen Klasse Brandenburgs sind IMs überrepräsentiert. Auf einer Potsdamer Historikertagung wurden Erinnerungen von Stasi-Häftlingen „Betroffenenliteratur“ genannt, die das Gesamtbild der DDR verzerre. In der Staatskanzlei fand eine Veranstaltung zur Untersuchung des FU-Professors Schroeder über das geringe DDR-Wissen von Schülern statt (besonders in Brandenburger und „Ostberlin“). Schroeder sagte, dass Brandenburg und Berlin eine finanzielle Unterstützung der Untersuchung abgelehnt hatten. Auf dem Podium saß ein anderer Professor, der die Untersuchung methodisch in Grund und Boden verdammte. Wer hat dessen Gutachten bezahlt? Eine Zeitung titelte kürzlich: „Wer im Osten lebt, stirbt früher.“ Wer weiter las, erfuhr, dass der Unterschied in der Lebenserwartung (bei Frauen) zwischen Ost und West in den 20 Jahren nach dem Zusammenbruch der SED-Herrschaft von 24 auf zwei Monate geschrumpft ist. Dass im Potsdamer Stadtpark bei Nacht und Nebel eine von einem ehemaligen sowjetischen Kasernenhof stammende Lenin-Büste aufgestellt wird und in den Radionachrichten des rbb gelegentlich von der „BRD“ gesprochen wird, kann man als Folklore abhaken. Aber dass man inzwischen Sicherheitsmaßnahmen nicht nur vor Islamisten und Neo-Nazis trifft, sondern auch Störungen durch ewiggestrige DDR-Fans einkalkulieren muss, ist beschämend. Umso größer der Dank den Machern und Darstellern des Stückes „Staats-Sicherheiten“. Übrigens: Nach meinen Informationen verbietet der Grundlagenvertrag den Stasi-Doktoren und -Juristen nicht die Tätigkeit als Rechtsanwalt – im Berliner Raum sind es zirka 500.

Günter Schlamp, Potsdam

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