Die Betrachtung von Einkommens- und Vermögensverteilung im zeitlichen Verlauf krankt zudem an der fehlenden Berücksichtigung sozialer Veränderungen. So stiegen zwischen 1990 und 2011 die Zahl der Ein-Personen-Haushalte, der Alleinerziehenden und der Älteren. Alle drei Faktoren beeinflussen die finanzielle Situation der Haushalte beträchtlich. Ausgespart bleiben auch Schwarzarbeit und staatliche Leistungen.

Die Ungleichheit von Einkommen und Vermögen wird kapitalistischen Verhältnissen zugerechnet. Dabei wird übersehen, dass ihre Dimension durch den Sozial- und Steuerstaat in Deutschland erheblich gemindert wird. Selbst der Sozialismus in der DDR führte zu ähnlichen Ergebnissen. Dort waren die Einkommen ebenfalls stark ungleich verteilt, wenn auch etwas geringer als in der Bundesrepublik. Vor allem die Verteilung der Geldvermögen zeigte ein analoges Bild zu heutigen Verhältnissen: Etwa zehn Prozent der Konteninhaber besaßen 60 Prozent der Geldvermögen.
Das im internationalen Vergleich moderate Ausmaß der Ungleichheit und ihre seit 1991 nur geringe Zunahme ist erstaunlich, wenn berücksichtigt wird, dass mit der Wiedervereinigung gut 16 Millionen ehemalige DDR-Bürger und von 1990 bis 2011 etwa 20 Millionen Neuzugezogene (oft aus Ländern, in denen bittere Armut herrscht) integriert werden mussten. Sie erlebten durch das soziale Netz in Deutschland einen Wohlstandssprung, wurden aber als „arm“ eingestuft.
Der deutsche Sozialstaat hat sich bewährt. Das Problem der Ungleichheit reduziert sich auf die Zunahme von Einkommen und Vermögen bei den oberen 0,3 bis maximal ein Prozent.

Der Autor leitet den Forschungsverbund SED-Staat und die Arbeitsstelle Politik und Technik der FU.
- Die DDR war auch nicht besser
- Auch in der DDR waren die Vermögen sehr ungleich verteilt
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