zum Hauptinhalt
Verwaiste Kitas gab es allerorten in Deutschland im Frühjahr 2020.

© Getty Images

Späte Einsichten der Corona-Minister: Was auf „falsche“ Kita-Schließungen folgen muss

Die Politik hat gegen die Stimmen von Experten und Eltern einen harten Kurs gegenüber Kindern gefahren, die den Schaden davontragen. Das darf sich nicht wiederholen.

Ein Kommentar von Thomas Trappe

Alternativlos waren sie nie, sie wurden vielmehr gegen die Warnungen von Kinderärzten und anderen Experten und gegen die Proteste von Eltern durchgezogen: die Schließungen von Kitas und Schulen in den ersten beiden Corona-Jahren.

Sie folgten Entscheidungen, die nur zu Beginn der Pandemie unausweichlich schienen, in den folgenden Wellen aber schon allein deswegen nicht mehr, weil es zu viele Gegenmodelle in anderen europäischen Ländern gab. Auch gab es dann viele Prognosen über die gesundheitlichen Folgen der Schließungen für die Kinder, die sich später zum großen Teil genauso oder sogar noch schlimmer einstellten.

Es ist also gut, wenn Gesundheitsminister Karl Lauterbach und Familienministerin Lisa Paus nun glasklar und ohne Ausflüchte bekennen: Die Schließungen waren falsch, sie haben mehr Schaden angerichtet, als sie nützten. Und sie haben Folgen, die die Generation der gerade Heranwachsenden noch Jahre, vielleicht ein Leben lang, mit sich herumtragen werden.

Lauterbach präsentierte am Mittwoch eine neue Studie.
Lauterbach präsentierte am Mittwoch eine neue Studie.

© Foto: Imago/NurPhoto/Emmanuele Contini

Mit der Vorstellung der neuen Corona-KiTa-Studie gesteht die Bundesregierung ein, dass sie bei einer der weitreichendsten politischen Grundsatzentscheidungen der vergangenen Jahre ein schwerer Fehler begangen wurde.

„Wir werden einander viel verzeihen müssen“, war einer der klügsten Sätze von Ex-Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, und vielleicht hat Nachfolger Lauterbach nun den Anfang gemacht bei dem beginnenden Prozess. Es geht dabei nicht ums Rechthaben oder gar Vergeltung, sondern darum, aus den großen Fehlern wenigstens die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Kinder waren keine Pandemietreiber, Kitas keine Virenschleudern

Dazu gehört vor allem die Einsicht, dass die Bürde der Pandemiebekämpfung nie wieder vorrangig auf die schwächste Gruppe der Gesellschaft, die Kinder, abgeladen werden darf. Kinder waren, wie nun regierungsamtlich bestätigt, offenbar keine Infektionstreiber, Kitas keine Virenumschlagplätze, aber das ist fast schon zweitrangig.

Denn selbst wenn es anders gewesen wäre, hätte es immer noch Aufgabe der gesamten Gesellschaft sein müssen, diesen Umstand durch eigene Opfer auszugleichen, die Lasten gerechter zu verteilen. Mit dem Ziel, den Kleinsten weiterhin Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.

Auf die Frage, ob er aus den Ergebnissen der Kita-Studie die Vermutung ableite, dass auch Schulschließungen ein Fehler gewesen seien, antwortete Lauterbach am Mittwoch, dass er als „Minister und Wissenschaftler“ nicht „auf der Grundlage von Annahmen“ arbeite.

Es ist eine hoffnungsvolle Arbeitsgrundlage. Die aber für Millionen Kinder und Jugendliche, deren soziale Teilhabe lange auf Grundlage von nun widerlegten Annahmen beschränkt wurde, leider zweieinhalb Jahre zu spät kommt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false