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Lebensgefahr. An der französischen Atlantikküste brennt der Wald.

© Moritz/dpa

Urlaub in Krisenzeiten: Hitzewelle, Kriegsfolgen, Corona – wer will da noch verreisen?

Es ist bitter: In der Urlaubszeit ballen sich die Symptome der Krise. Endlich einmal heraus aus dem Alltag – und mitten hinein ins Ungewisse. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Rüdiger Schaper

Hitzewelle in Portugal. Verheerende Brände an der Costa del Sol und an der französischen Atlantikküste und in Marokko. Hunderte Hitzetote. Dürre in der Po-Ebene, Gletscherabbruch in den Dolomiten. Der Blick auf die Wetterkarte macht Angst. Nun, dann geht die Reise eben nach Kroatien, das liegt ohnehin im Trend. Aber auch an der Adria schlagen die Flammen hoch, Ferienorte werden geräumt. Die Meerestemperatur an der montenegrinischen Küste beträgt 27 Grad, wie in der Badewanne.

Wie wäre es mit Urlaub in Übersee? In Ägypten starben zwei Touristinnen bei Haiattacken. Sri Lanka, wunderschöne Insel im Indischen Ozean, versinkt im Chaos. Wer schon immer einmal in die USA wollte und sich von den lockeren Waffengesetzen nicht abschrecken lässt, stellt leider fest, wie der Euro gegenüber dem Dollar verliert.

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Doch ganz egal, was auf dem Ticket steht: Die Maschine muss erst einmal abheben. Auf vielen großen Flughäfen regiert der Irrsinn, der BER fliegt damit mal aus den Schlagzeilen. In Heathrow türmen sich die Gepäckstücke, die Zahl der Passagiere wird auf 100.000 pro Tag begrenzt. Es fehlt nicht nur dort Personal – sondern auch im Feriengebiet, wenn man denn endlich in seinem Feriengebiet angekommen ist. Service leider eingeschränkt.

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Teurer wird es überall. Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine treibt die Energie- und Lebensmittelpreise. Und schließlich war da noch Corona. Das Virus hat sich nicht in Luft aufgelöst, nur weil es in den Airports keine Kontrollen mehr gibt.

Corona und seine Varianten stellen eine wieder zunehmende Bedrohung dar. Ein Mitbringsel aus den großen Ferien? Die nächste Infektionswelle.

Was das urlaubsreife Volk in diesem Sommer erlebt, gleicht einem perfekten Sturm. Damit wird eine äußerst seltene Situation beschrieben, in der sich die größtmögliche Katastrophe zusammenbraut, meteorologisch, politisch, an der Börse. Hier kommt der menschliche Faktor dazu: ein brutaler Angriff auf ein friedliches Nachbarland und der Klimawandel, an dem auch der weltweite Flugbetrieb seinen Anteil hat.

All inclusive - die Realität bleibt draußen

Also lieber selbst stornieren, bevor der Flug doch noch gecancelt wird, und zu Hause bleiben? Sofort stellen sich die Bilder überfüllter Nahverkehrszüge und Badeseen ein. Pöbeleien auf dem Parkplatz, Prügel im Freibad – auch nicht die reine Erholung. In Brandenburgs Forsten herrscht höchste Waldbrandstufe.

[Mehr zum Thema: Urlaub in Corona-Zeiten: Ein Arbeitsrechtsexperte klärt auf (T+)]
Der Urlaub galt als die schönste Zeit des Jahres. An dieser Idealvorstellung halten viele Menschen fest und machen sich auf den Weg, jetzt erst recht nach Lockdown und all den Reisebeschränkungen. Man hat sich Strand und Berge verdient. Dabei wächst die Frustration. Und vielleicht auch die Einsicht, dass es keine saubere, abgeschirmte Zone gibt.

All inclusive, und draußen bleibt die Realität: Das funktioniert auf Dauer in vielen Bereichen nicht mehr. Oder nur noch so, mit Mauern und Scheuklappen. In Ankara regiert ein Diktator, die Gefängnisse in der Türkei sind voll mit Unschuldigen. Wer mag sich da in Antalya amüsieren?

Noch vor hundert Jahren war Reisen eine privilegierte Angelegenheit, etwas Besonderes wie einst Rinderfilet oder Shrimps. Nur wenige kamen in diesen Genuss. Dahin wird die Entwicklung nicht zurückgehen. Doch der Klimawandel verschiebt die Koordinaten, wenn es in Berlin schon heißer ist als in Griechenland. Frieden, Wohlstand, soziale Sicherheit: Was gestern als selbstverständlich galt, jedenfalls in unseren Breiten, ist heute ernsthaft bedroht.

Es ist bitter: In der Urlaubszeit ballen sich die Symptome der Krise. Endlich einmal heraus aus dem Alltag – und mitten hinein ins Ungewisse.

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