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HANDOUT - Geheimnisvolles Rund: Zur Lichterlebnis-Tour wird das Berliner Olympiastadion in besondere Farben gehüllt. (zu dpa: «Tiefe Einblicke, tolle Ausblicke: 7 besondere Stadion-Touren») Foto: Reiher & Seidel/Olympiastadion Berlin/dpa-tmn - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung im Zusammenhang mit dem genannten Text und nur bei vollständiger Nennung des vorstehenden Credits - Honorarfrei nur für Bezieher des dpa-Themendienstes +++ dpa-Themendienst +++

© dpa/Reiher & Seidel

„Olympia? Berlin schafft es nicht mal, sich die Schuhe zuzubinden“: Das meint die Tagesspiegel-Community zur deutschen Bewerbung

Kann Berlin Olympia? Während Politiker und Journalisten von Olympia schwärmen, erinnern unsere Leser an marode Schulen, kaputte Sportplätze und leere Kassen. Berlin sollte erst funktionieren, bevor es Großprojekte wagt.

Stand:

Die Idee einer Olympia-Bewerbung Berlins sorgt für große Diskussionen: Der Landessportbund prüft eine Volksinitiative, um die Stimmung in der Stadt zu testen. Während Befürworter die Chance für Infrastruktur, Sportförderung und internationales Prestige sehen, gibt es auch Skepsis – etwa wegen Kosten, Nachhaltigkeit und den Erfahrungen gescheiterter deutscher Bewerbungen. Soll Berlin den Schritt wagen?

Die Tagesspiegel-Community ist sich weitgehend einig: Bevor Berlin international glänzen will, muss die Stadt erst ihre eigenen Probleme lösen – und die richtigen Prioritäten setzen. Lesen Sie hier eine redaktionelle Auswahl von Kommentaren aus der Tagesspiegel-Community.


King2024
Ich habe ja nichts gegen Olympische Spiele (und auch nichts dafür), meinetwegen können die auch in Berlin stattfinden. Aber wieso soll die Allgemeinheit für die Sause der Berufssportler und Berufsfunktionäre bezahlen? Die sollten eher dem Austragungsort Geld für ihr Olympia geben, damit nicht der Steuerzahler deren Gigantonomie bezahlen muss.


Urbi_et_Orbi
Die Hartnäckigkeit, mit der diese Weltfestspiele für Korruption, Oligarchen und urbane Zerstörung hier herangetragen werden, ist fast schon beeindruckend.

Barcelona ist die letzte Stadt die wegen der Spiele 1992 echte und produktive Impulse für die Stadtentwicklung generieren konnte. Seitdem haben alle Ausrichterstädte teils massiv draufgezahlt und sind auf den baulichen, wirtschaftlichen und sozialen Ruinen sitzengeblieben.

Es wird auch dieses Mal so sein, dass kein wirklich durchdachtes und vernünftiges Konzept vorgelegt werden wird. Berlin ist derzeit nicht mal in der Lage, sich die Schuhe zuzubinden und soll hier einen Marathon laufen. Die einzig schlüssige Antwort auf diese unreflektierte Spinnerei kann nur die klare Ablehnung sein.


stachel.v.tagesigel
Wenn durch den Olympischen Gedanken wenigstens das „schneller“ in unsere Dauerbaustellen einziehen würde, dann gerne. Aber ich fürchte, dafür sind die Verantwortlichen in unserer Stadt einfach zu untrainiert.


DerDilettant
Als Berliner fühlt man sich wieder so richtig ernst genommen. Die Verwaltungsreform ist noch längst nicht in trockenen Tüchern, aber es werden schon wieder Ressourcen abgezogen, um eine Olympia-Bewerbung vorzubereiten.

Wäre sehr viel sinnvoller, wenn dieses Team sich Gedanken über Bürgeramttermine, kaputte Sportplätze und den ÖPNV machen würde, so als Beispiel. Jetzt, nicht erst in 10 oder 15 Jahren, wenn das für die Vorbereitungen für Olympia nötig sein wird. Die Berliner wollen jetzt Sport treiben. Anscheinend sind dem Senat ausländische Sportler, die kurz in der Stadt sind, wichtiger, als die hier lebende einheimische Bevölkerung. Kann man verstehen, die ist immer nur am nörgeln, Infrastruktur, schleppende Bürokratie, Schulen, usw. Da träumt man doch lieber von Olympia.

Olympia hat für den Breitensport überhaupt keine Bedeutung

Tagesspiegel-User DerDilettant

Ich verstehe auch nicht, warum die ganzen Sportverbände mitziehen. Olympia hat für den Breitensport überhaupt keine Bedeutung, wieviele Spitzensportler aus Berlin in 10 oder 20 Jahren an Olympia teilnehmen werden, ist völlig offen. Das Geld, das dafür ausgegeben werden wird, ist besser in den Breitensport investiert. Anscheinend sind die Breitensportler nicht würdig, auf guten Anlagen zu trainieren. Die baut man nur für die Spitzensportler, danach dürfen dann auch mal Breitensportler gute Anlagen nutzen.

Sollte jedoch das OK seine Strategie ändern, und die Einnahmen dem Ausrichter übergeben, wäre ich auch für Olympia in Berlin. Dann auch alle vier Jahre, dafür haben wir in den Jahren dazwischen exzellent ausgestattete Sportanlagen. Einschließlich Beschneidungsanlagen für den Teufelsberg, denn die Winterspiele machen wir dann auch noch. Sonst stehen die ganzen Häuser, in denen die Athleten wohnen lange leer.


Klobi
Ohne Zustimmung der Bevölkerung wird eine Bewerbung für die Spiele keinen Erfolg haben. Alleine eine Bewerbung kostet viel. Die Ausrichtung dann noch viel mehr. Bezahlen muss es der Steuerzahler. Somit sollte der Steuerzahler darüber auch selbst bestimmen. Eine Abstimmung darüber sollte Pflicht sein und nicht schon vor der Abgabe einer Bewerbung ausgeschlossen werden. Berlinerinnen und Berliner können sehr nachtragend sein, Frau Senatorin!


Skyliner
Von mir ein klares JA zu Olympia. Berlin lebt vom Tourismus, eine Viertelmillion Menschen arbeiten im Gastgewerbe. Es ist doch toll, wenn mal wieder hunderttausende Menschen aus aller Welt in die Stadt strömen, gemeinsam mit Ihren Sportidolen fiebern und einfach mal wieder frischen Wind durch unsere Straßen blasen! Eine Stimmungsaufhellung täte uns allen gut!

Wenn Berlin eins kann, sind es Großveranstaltungen wie Loveparade, Fanmeile, Karneval der Kulturen etc. Wäre doch toll, wenn ein „Sommermärchen 2.0“ an der Spree stattfinden würde! Gerade 100 Jahre nach den Nazi-Spielen 1936 könnte Deutschland zeigen, was für ein tolerantes und weltoffenes Land es geworden ist. Und wo geht das besser als in Berlin, das international als „Stadt der Freiheit“ und Toleranz gilt? Und ein solches Event kann zehntausende Kinder und Jugendliche für den Sport begeistern! Also YESLYMPIA!

seidi @Skyliner 
In einer Stadt, in der der aktuelle Senat in jedem Bereich massive Geldmittel kürzt, in einer Stadt, die massive Probleme beim Wohnungsbau, im sozialen Bereich, in der öffentlichen Sicherheit hat, in einer Stadt, wo die Schulen, Krankenhäuser, die Polizei, Feuerwehr, öffentliche Bäder und Sportstätten auf Verschleiß gefahren werden und einen gigantischen Sanierungsstau, der in die Milliarden geht, vor sich herschieben, sollte die oberste Priorität der Politik sein, die Probleme der Einwohner zu lösen.

Sind irgendwann einmal alle Probleme gelöst und ist dann genügend Geld da, dann kann man über sowas wie Olympia nachdenken. Aber es ist nicht hinnehmbar, dass z.B. im Sozialen oder der Kultur massiv Geld gekürzt wird oder die BVG wegen der Haushaltslage weniger Geld bekommt und man das Geld auf der anderen Seite für eine Großveranstaltung wie Olympia dem IOC in den Rachen wirft.



maxost
Über Volksbegehren/Volksentscheid könnte man dieser untoten, pflichtvergessenen und ruinösen Olympia-Idee endlich den Pflock durchs Herz rammen, indem man direkt über ein Olympia-Gesetz abstimmt, das sozioökonomische Voraussetzungen für eine Olympiabewerbung, im Sinne einer funktionierenden Stadt definiert. (Wohnraum/Bevölkerung/Einkommen, Schul-Kitaplätze, funktionierende Ausreichende Anlagen für Schul- und Breitensport, Lehrer, Verschuldung/Ausgeglichener Haushalt, Kriminalitätsrate, Verkehrsanbindung/ÖPNV...) Wer dann als Politiker Olympia will, soll die Pflichtaufgaben gelöst haben, bevor er zur Kür schreitet.


Berlinerer
Ich würde mich sehr über Olympische Spiele in Berlin freuen. Aber ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass unsere kaputtgesparte Verwaltung das auf die Reihe bekommt.

Urbi_et_Orbi
Berlin lebt seit 1990 nur vom Traum der leeren Räume und kreativen Ideen der wiedervereinigten Stadt. In 35 Jahren hat man es versäumt, eine ordentliche Stadtentwicklung zu betreiben, hat versagt, die Infrastruktur auf den Bedarf anzupassen, hat versagt, Berlin ein neues Leitbild zu geben.

Wir zehren seit Jahrzehnten von einem Traum, der längst nicht mehr da ist und mittlerweile so deplatziert wirkt wie der American Dream in den Elendsvierteln des Rust Belt. Wir leben in einer auseinanderfallenden Infrastruktur und sind nur mit Unzulänglichkeiten konfrontiert, die sich schon lange nicht mehr weglächeln lassen. Sicher sind wir uns darüber einig, dass die Organisation einer solchen Veranstaltung eine der höchsten vorstellbaren Management-Anforderungen ist.

Es ist einfach nicht vermittelbar, dass das von und in einer Stadt organisiert werden soll, einer Struktur, die den Kindern keine adäquaten Schulplätze mehr anbieten kann, die bei der Instandhaltung des ÖPNV versagt, die sich mit einem Verkehrssystem aus den 1980ern zufriedengibt, die angesichts der Wohnungsnot keine bessere Idee hat als Investoren zu dämonisieren, die nicht den Wert der eigenen Kulturszene kennt und die bis heute an allen aufgelegten Großprojekten gescheitert ist.

Wo ist die strahlende Nachnutzung des Flughafen Tempelhof? Wo das Konzept für das ICC? Wo ist die S21? Wo die Heidekrautbahn? Wo die zentrale Landesbibliothek?

Die Liste kann noch deutlich verlängert werden. Wir erleben seit Jahren eine Kette von Systemversagen, wir scheitern am normalen Betrieb der Stadt. Wie soll man sich da einem Jubeltraum anschließen? Soll ich glauben, dass dann alles andere vom Himmel fällt? Übrigens: Mehrere Familienmitglieder versuchen seit Jahren in Sportvereine zu gehen. Scheitert (wie alles hier) immer an Überlastung der Vereine bzw. des Systems.

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