
Staatsbesuch: 13.000 Staatsdiener bei Erdogan-Besuch im Einsatz
Der Staatsbesuch des türkischen Präsidenten war aufwendig - auf Anfrage der Linken gibt das Bundesinnenministerium neue Zahlen bekannt.
Von Ausnahmezustand ist die Rede gewesen, von Straßenschlachten, Notstand, einem abzusagenden Bundesliga-Spiel. So viel Wirkung hatte der Staatsbesuch des türkischen Präsidenten dann doch nicht – und das Spiel Hertha BSC gegen FC Bayern gewannen die Berliner sogar mit 2:0. Trotzdem waren die drei Tage im September, für die Recep Tayyip Erdogan nach Deutschland kam, aufwendig. Schätzungen zufolge waren 6000 Berliner Polizisten im Einsatz, wegen des Abstechers Erdogans nach Köln dazu 4000 Beamte in Nordrhein-Westfalen.
Nun gibt es erstmals Zahlen aus dem Bund: 2176 Bundespolizisten waren insgesamt wegen des Erdogan–Besuchs unterwegs, dazu 600 Männer und Frauen des Bundeskriminalamtes, 19 Beamte des Zolls und 104 Bundeswehrangehörige. Dies geht aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linken hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt. Zusammen dürften geschätzt also 13.000 Staatsdiener für Erdogan im Einsatz gewesen sein.
Erdogan hat es sich auch im Nahen Osten verscherzt
Deutschland ist der größte Handelspartner der Türkei – umgekehrt spielt die Türkei für die Bundesrepublik eine deutlich geringere Rolle. Die türkische Lira hat allein 2018 vierzig Prozent ihres Werts verloren. Die geostrategische Spitzenlage der Türkei zwischen Balkan, Nahost und Kaukasus zahlt sich auch nicht so aus, wie Erdogan sie immer angepriesen hat. Sein Auftreten im Nahen Osten hat vor allem Kosten, Erschöpfung, Feindschaften erzeugt. In Syrien und Irak hat die Türkei kurdische Provinzen besetzt, sich zudem mit Israel überworfen. Und trotz Verhaftungen oppositioneller Spitzenkandidaten verliert Erdogan an den Wahlurnen. Bei der letzten Wahl büßte seine AKP ihre absolute Mehrheit ein und ist auf die offen faschistische MHP angewiesen.
Linke: Ein überflüssiger Skandalbesuch
Nach den eingesetzten Beamten hatte die Vize-Fraktionschefin der Linken, Heike Hänsel gefragt. Die hohe Zahl, sagt sie nun, gar der Auftritt von Bundeswehrsoldaten zeige, welchen Aufwand die Regierung zu machen bereit gewesen ist. Hänsel zufolge war es ein überflüssiger Skandalbesuch. Hätte die Bundesregierung sich das Treffen mit Erdogan – im Wortsinne – sparen können? Auch mit Erdogan muss verhandelt werden. Nicht noch weniger wäre wohl rausgekommen, wenn man sich schlicht auf Arbeitsebene, nicht zum Staatsbankett getroffen hätte. Zu den Kosten der drei Besuchstage für die Steuerzahler möchte sich das Innenministerium übrigens erst in ein paar Wochen äußern.