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Ein Flugabwehrsystem Skyranger 30 auf einem Boxer.

© dpa/Sebastian Gollnow

600 Stück für die Bundeswehr?: Was die Skyranger-Systeme können – und was nicht

Bis 2030 sollen 600 Skyranger-Systeme ausgeliefert werden. Die Geschütztürme zur Drohnenabwehr lassen sich individuell konfigurieren. Welche Vorteile haben sie – und welche Nachteile?

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Sie sind leicht, hochpräzise und heißen Skyranger. Was nach einem Sternenjäger aus dem Star-Wars-Universum klingt, soll bereits in wenigen Jahren die defizitäre Drohnenabwehr der Bundeswehr massiv stärken. Angesichts der erhöhten Bedrohungslage in Deutschland durch Drohnenflüge unbekannter Herkunft über dem Münchener Flughafen oder Infrastruktureinrichtungen in Schleswig-Holstein sowie den russischen Luftraumverletzungen in Nato-Gebieten wurden Forderungen nach einer Verbesserung der deutschen Drohnenabwehr immer lauter.

Nun wurde bekannt, dass die Bundesregierung wohl noch in diesem Jahr mehr als 600 Flugabwehrsysteme des Typs Skyranger 30 vom Rüstungskonzern Rheinmetall bestellen will. Das berichtete das Handelsblatt am Freitag unter Berufung auf Insider-Informationen aus dem Bundesverteidigungsministerium und mit den Vorgängen vertrauten Personen. Mehr als neun Milliarden Euro sollen sie kosten. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums wollte am Freitag in Berlin allerdings keine Zahlen bestätigen. Allerdings räumte er ein, dass man aktuell in Verhandlungen stehe, um Skyranger-Systeme nachzubeschaffen. Insgesamt bestellte das Ministerium bislang 19 dieser Systeme. Doch was kann das Flugabwehrsystem überhaupt?


Was sind die Vorteile des Skyranger 30?

Bei dem Skyranger 30 handelt es sich um ein Geschützturmsystem, das auf verschiedene Reifen- oder Ketten-Fahrzeuge montiert werden kann. Der Turm kann komplett ferngesteuert werden. Das erlaubt ein Operieren aus dem geschützten Innenraum heraus.

Ein weiterer Vorteil: Der Skyranger-Geschützturm wiegt je nach Ausstattung „nur“ zwei bis knapp dreieinhalb Tonnen und bringt damit deutlich weniger Gewicht auf die Waage, als andere vergleichbare Türme. Das erlaubt dem Skyranger mit seiner 30-Millimeter-Kanone mehr Munitionsladung. Nach Angaben des Verteidigungsmagazins „European Defence Review“ soll der Turm bis zu 300 schussbereite Patronen des Kalibers 30x173 Millimeter fassen können. Das geringe Gewicht erlaubt außerdem die Bestückung von zwei bis neun Raketen (je nach Typ).

Aufgrund des geringen Gewichts lassen sich auch leichtere Kampffahrzeuge oder Schützenpanzer mit dem Skyranger-System bestücken. Aktuell werden die Geschütztürme in angepassten Varianten etwa auf den Boxer, Lynx, Pandur, Piranha V oder den in Flensburg hergestellten PMMC G5 montiert.

Mit welchen Geschossen sollen die Skyranger bestückt werden?

Bereits im Februar 2024 bestellte die Bundeswehr für etwa 595 Millionen Euro insgesamt 19 Skyranger-Systeme für ein Prototyp- und 18 Serientyp-Fahrzeuge. Die Systeme sollten Medienangaben zufolge auf den GTK-Radpanzer (auch Boxer genannt) montiert werden. In der deutschen Konfiguration sollten die Systeme zunächst mit einer speziellen Sensoreinheit, einer 30-Millimeter-Kanone und Stinger-Boden-Luft-Raketen bestückt werden.

Im Mai dieses Jahres berichtete das Verteidungsnachrichtenportal „Hartpunkt“ unter Berufung auf Angaben der Bundeswehr, dass die deutschen Skyranger-Systeme nun doch nicht mehr mit Stinger-Raketen, sondern mit Lenkflugkörpern des Herstellers MBDA ausgestattet werden sollen. Demnach könnten neun dieser Flugkörper auf dem Skyranger-Geschützturm Platz finden. Man arbeite sogar an einer Erweiterung auf zwölf Plätze, berichtete „Hartpunkt“.

Der Prototyp-Panzer mit montiertem Skyrange-System wurde zwecks Erprobung bereits im Februar 2025 an die Bundeswehr ausgeliefert. Die 18 nachfolgenden Systeme sollen zwischen 2027 und 2028 ausgeliefert werden, hieß es zuletzt im Mai. Die Lieferung der weiteren 600 geplanten Skyranger-Systeme soll nach Angaben des Handelsblatts bis 2030 erfolgen.

Wie wehrt das Skyranger-System Drohnen ab?

Skyranger wurde erstmals im Jahr 2020 von Rheinmetall vorgestellt. Nach Herstellerangaben wollte man bei der Entwicklung des neuen Systems „effiziente Innovationen miteinander vereinen“.

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So kommt in dem Flugabwehrsystem etwa das „Rapid Obscuring System“ (kurz: ROSY) zum Einsatz, das innerhalb von weniger als einer Sekunde eine multispektrale Rauchwand erzeugen kann, die dem Feind die Sicht nehmen und gegnerische Infrarot- und Lasersignaturen blockieren soll.

Auch das passive Infrarot-Überwachungssystem „Fast Infrared Search and Track Sensor“ (kurz: FIRST) wurde im Skyranger verbaut. Es soll dem Hersteller zufolge für eine kontinuierliche 360-Grad-Überwachung und damit eine frühzeitige Erkennung von Bedrohungen sorgen. Der Infrarot-Detektor ist demnach darauf ausgelegt, ein präzises Ziel-Tracking zu ermöglichen. FIRST kommt daher vor allem in der Drohnenabwehr zum Einsatz – sowohl in Panzern als auch in Schiffen oder stationären Bodeneinrichtungen.

Im Skyranger wurden Rheinmetall zufolge sowohl aktive Such- als auch passive Verfolgungssensoren integriert. Das soll ihn zur „idealen Lösung für die Abwehr von Drohnenangriffen oder anderer Luftbedrohungen“ machen, wirbt der Rüstungskonzern.


Was sind die Nachteile des Skyranger 30?

Das modulare Flugabwehrsystem soll dem Handelsblatt zufolge vor allem die Drohnenabwehr der Bundeswehr stärken. Allerdings ist die Reichweite der bisherigen Stinger-Geschosse beschränkt. Die Munition für die 30-Millimeter-Kanone kann Ziele bis in drei Kilometer Entfernung treffen. Viele Drohnen oder Lenkwaffen fliegen aber in größerer Distanz.

Darüber hinaus ist die 30-Millimeter-Munition relativ leicht. Beim Beschuss von kleineren Drohnen kann sie erheblichen Schaden anrichten, ob die Zerstörungskraft allerdings bei größeren Marschflugkörpern ausreicht, ist fraglich.

Skyranger ist ein Geschützturmsystem, das auf verschiedene Plattformen montiert werden kann.

© IMAGO/Chris Emil Janssen

Ein weiterer Nachteil dürfte der Kostenpunkt sein. Der Skyranger 30 wird als eines der modernsten Nahbereichs-Luftabwehrsysteme beworben. Die Beschaffung, vorherige Modifikation und schließlich auch die Wartung dürften sehr kostenintensiv sein. Bereits Mitte September bot der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj der Nato Unterstützung beim Know-How in Sachen Drohnenabwehr an. Zwar habe man im Bündnis effektive Abwehrwaffen entwickelt, doch habe die Ukraine „wesentlich kostengünstigere, massivere und systematischere Lösungen“ parat.

Schließlich stellt sich auch die Frage, wo genau die Skyranger-Systeme zum Einsatz kommen sollen. Wird das System auf einem Boxer-Panzer montiert, dann kann die Flugabwehr auf der Straße eine Geschwindigkeit von bis zu 100 Kilometer pro Stunde erreichen und unebenes Gelände überwinden. Allerdings sind Panzer gerade im städtischen Gebiet eher sperrig. Die jüngsten Drohnensichtungen in Deutschland beschränkten sich auf das Flughafengelände in München, ein norddeutsches Kraftwerk sowie auf das Kieler Universitätsklinikum und den Sitz der Schleswig-Holsteinischen Landesregierung in Kiel.

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