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Nicht nur auf der Arabischen Halbinsel sollen nach dem Willen von Robert Habeck Solarparks entstehen.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Abhängigkeiten von China, Druck aus den USA: So will Habeck die heimische Solarbranche wiederbeleben

Die Produktion von Solarmodulen und Windrädern könnte zum Flaschenhals der Energiewende werden. Der Wirtschaftsminister will gegensteuern - dafür braucht er aber viel Geld.

Robert Habeck macht sich keine Illusionen. „Wir sind noch immer krass im Minus“, sagt der Wirtschaftsminister am Dienstag mit Blick auf den Ausbau der Erneuerbaren Energien. „Die Zeit ist nicht auf unserer Seite“, sagt er nach dem bereits dritten Treffen mit Vertretern der Solar-, Wind- und Stromnetzbranche. Dabei hat man sich zum Ziel gesetzt, mögliche Hemmnisse für die Energiewende aus dem Weg zu räumen.

Dabei lag der Fokus bislang vor allem auf der Bereitstellung von Flächen und der Beschleunigung von Genehmigungen. Dies sei auch die Basis für ein Gelingen der Transformation, sagt Habeck. Doch zum Flaschenhals für die Energiewende könnten die Produktionskapazitäten für Solarmodule sowie für Windkraftanlagen und Stromkabel werden.

Gerade bei der Solarbranche ist das politisch bitter, schließlich war sie noch vor einigen Jahren eine deutsche Wirtschaftserfolgsgeschichte. 20 Prozent des Weltmarkts machten heimische Unternehmen auf dem Höhepunkt des Solarbooms Anfang der 2000er Jahre aus, Startups wuchsen zu großen Firmen. Mit den Subventionen des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), welches mit einer Umlage den Ausbau der Erneuerbaren profitabel machte, wuchs die Branche rasant.

Doch dann drängten zunehmend chinesische Firmen in den Markt, die von der Umlage ebenfalls profitierten. Die Politik senkte die Förderung, gleichzeitig konnte die chinesische Konkurrenz billiger produzieren. 100.000 Arbeitsplätze gingen verloren, Solar-Firmen gingen reihenweise pleite.

In Deutschland haben wir ein Jahrzehnt der solaren Deindustrialisierung hinter uns.

Jörg Ebel, Präsident des Bundesverbands Solarwirtschaft

Heute beherrscht die Volksrepublik den Markt. Die zehn größten Solar-Firmen kommen aus China, wo mehr als 80 Prozent der weltweiten Produktionskapazitäten liegen. Zudem hat das Land wichtige Monopole bei Rohstoffen. In der gesamten Wertschöpfungskette sind die chinesischen Unternehmen weit enteilt.

Es gebe einen „erheblichen Nachholbedarf“ bei der Produktion, sagte Jörg Ebel, Präsident des Bundesverbands Solarwirtschaft. „In Deutschland haben wir ein Jahrzehnt der solaren Deindustrialisierung hinter uns.“ Tatsächlich produzieren deutsche Firmen nur noch ein Prozent aller PV-Anlagen weltweit. 

Es habe aber nun ein „beispielloses Rennen um die Solarenergie begonnen“, sagte Ebel und verwies auf die USA, die mit erheblichen Subventionen im Rahmen des Inflation Reduction Acts Erneuerbaren-Firmen anlockt.

Wir müssen die Produktionskapazitäten für Erneuerbare Energien und Stromnetze in Deutschland und Europa stärken.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hofft auf ein Erstarken der heimischen Solar- und Windwirtschaft.

Den Wirtschaftsminister alarmiert das. Bis 2022 soll Deutschland 22 Gigawatt Strom mit Solarenergie produzieren. Abwanderungen in die USA müssen da vermieden werden. Und Abhängigkeiten im Energiebereich will Habeck nach den Erfahrungen mit dem russischem Gas um jeden Preis vermeiden. „Wir müssen die Produktionskapazitäten für Erneuerbare Energien und Stromnetze in Deutschland und Europa stärken“, sagte Habeck. Dies sei für die Energiewende, aber auch für die Sicherung von Arbeitsplätzen und Wertschöpfung wichtig. 

Der Wirtschaftsminister will dafür nun auch Geld in die Hand nehmen. Im Rahmen des EU-Rechts sollten Investitions- und Betriebskostenzuschüsse ermöglicht werden, dies sei über einen Transformationsfond denkbar. Auch ein europäischer Industriestrompreis, der für Unternehmen mit hohem Strombedarf kostensenkend wirken könnte, sei denkbar.

Zudem sollen Firmen mit sogenanntem „Hybridkapital“ bei Verträgen abgesichert werden. „Das ist ein Instrument, von dem ich mir sehr viel verspreche“, sagte Habeck. Dabei sollten Firmen Garantien erhalten, um bei Verzögerungen von Projekten durch beispielsweise Genehmigungsverfahren, bereits frühzeitig Aufträge zu vergeben. Dadurch könne Zeit eingespart werden, hofft Habeck, der auch die Innovationsförderung in der Branche voranbringen will.

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Prozent aller PV-Anlagen wird in Deutschland produziert. Früher war es jedes fünfte Modul.

Wie das angesichts klammer Kassen finanziert werden soll, ist aber offenbar noch unklar. Selbst über die Höhe der Kosten, kann Habeck am Dienstag noch keine Angaben machen. „Die Kosten sind noch nicht beziffert.“

Die Unternehmen wollen früher mehr Flächen

Aus der Wirtschaft gibt es für den Minister am Dienstag viel Lob. Doch bei dem Runden Tisch machten die Vertreter auch Druck, das zwei Prozent Flächenziel - also die Bereitstellung von Flächen in allen Bundesländern für Windräder und PV-Anlagen - vom Jahr 2032 auf 2025 vorzuschieben.

„Denn Flächen ermöglichen Genehmigungen und Genehmigungen sind die Aufträge von morgen“, sagte Hermann Albers, Präsident des Bundesverbands Windenergie. Ein Vorschlag, der in den Ländern, die die Flächen bereitstellen müssen, auf wenig Gegenliebe stoßen dürfte. „Ich nehme diesen Wunsch zur Kenntnis“, sagte Habeck.

Kritik kommt am Dienstag von der Opposition, denen die Pläne zu wenig europäisch gedacht sind. „Ziel muss eine Energie-Union mit einer starken Sonnen-Seite in Europa sein. Es geht um Innovationshochlauf, nicht um Subventionswettlauf“, sagt der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende, Andreas Jung.

Unionsfraktionsvize Andreas Jung (CDU)
Unionsfraktionsvize Andreas Jung (CDU)

© picture alliance/dpa

Der klima- und energiepolitische Sprecher der Unions-Fraktion hält zudem eine Rohstoffsicherung mit Kreislaufwirtschaft für elementar. Vor allem bei Silizium sei die Solarbranche abhängig von China. „Mit einer konsequenten Umsetzung des Kreislaufgedankens wird die Souveränität gestärkt - und Ressourcen werden geschont“, sagte Jung dem Tagesspiegel.

Positiver äußerten sich die Liberalen: „Es wird Zeit, dass nicht nur die Patente, sondern auch die Produkte aus Deutschland kommen“, sagt auch der energiepolitische Sprecher der FDP, Michael Kruse.

Die Förderung der Produktion sei daher richtig. „Für die Solarbranche sind verbesserte Rahmenbedingungen für Verlustvorträge, bessere Abschreibungsmöglichkeiten für Forschung und Entwicklung, sowie ein Superabschreibungsprogramm Gold wert“, sagt Kruse dem Tagesspiegel.

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