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AfD-Chef Chrupalla als Fürsprecher Putins: „Ich sehe aktuell durch Russland keine Gefahr für Deutschland“
Von Jeffrey Epstein bis zu Hackerangriffen auf den Bundestag: In der ZDF-Talk-Runde „Markus Lanz“ verharmlost der AfD-Vorsitzende Chrupalla den Kremlchef. Probleme sieht er hingegen in Berlin.
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Markus Lanz konfrontiert Tino Chrupalla am Dienstagabend in seiner Talkshow mit einem eigenen Zitat: „Was bringt Sie zu diesem Satz, ‚Russland ist keine Gefahr für Deutschland‘?“, fragt Lanz.
„Ich sehe aktuell keine Gefahr für Deutschland durch Russland“, wiederholt der AfD-Chef seine frühere Aussage. Er sehe keinen hybriden Krieg gegen Deutschland durch Russland, aber er „kritisiere sehr wohl den Angriffskrieg gegen die Ukraine“. Und relativiert gleich: Es habe aber eine Vorgeschichte gegeben, die 2014 begonnen habe, als Bürgerkrieg in der Ukraine geherrscht habe und ebenso Oppositionelle verfolgt worden seien wie in Russland.
Um die Beziehung der AfD zu Russland und darum, wie sich Deutschland auf künftige geopolitische Konflikte vorbereiten sollte, geht es beim ZDF-Talk „Markus Lanz“ am Dienstagabend. Neben AfD-Chef Tino Chrupalla sitzen in der Runde der Kremlkritiker Wladimir Kara-Mursa, die Zukunftsforscherin Florence Gaub und der stellvertretende Politikchef der „FAS“, Justus Bender.
Ich argumentiere als deutscher Politiker, mir hat Putin ja nichts getan.
Tino Chrupalla, AfD-Vorsitzender
Was dabei herauskommt, ist ein Schlagabtausch, in dem Chrupalla immer wieder die Perspektive des Kreml einnimmt und gegen Deutschland, Polen und die USA austeilt. „Ich argumentiere als deutscher Politiker, mir hat er (Putin; Anmerkung der Redaktion) ja nichts getan.“
Oppositionelle, die in Russland ermordet werden? Chrupalla verweist auf Jeffrey Epstein. Auch bei dem in den USA verurteilten Sexualstraftäter wisse man schließlich nicht, wie er umgekommen sei. Oder Edward Snowden, der sei im eigenen Land verfolgt worden. „Das sind ja auch alles Dinge, wo ich Zeugen beseitigen möchte“, sagt der AfD-Vorsitzende. Auf Nachfrage von Lanz gibt er zu, natürlich nicht zu wissen, ob Epstein umgebracht worden sei oder ob er, wie es offiziell heißt, Suizid begangen habe.
Solange wir Putin haben, ist Russland die größte Gefahr für die freie Welt.
Wladimir Kara-Mursa, Kremlgegener
„So lange wir Putin haben, ist es (Russland; a. d. R.) die größte Gefahr für die freie Welt“, sagt Kremlgegner Kara-Mursa in der Runde. „Seit 100 Jahren ist Russland eine Diktatur und hat ganz andere Standards als Deutschland“, entgegnet Chrupalla – und vereinfacht damit die Geschichte des Landes: Boris Jelzin zum Beispiel wurde 1991 in demokratischen Wahlen zum Präsidenten gewählt. Man müsse aber versuchen, sich mit Diktaturen auseinanderzusetzen, so Chrupalla.
Chrupalla lenkt den Blick auf Polen
Jedes Land könne für Deutschland eine Gefahr darstellen, sagt Chrupalla – auch Polen: „Nehmen wir die Nord-Stream-Pipelines.“ Die polnische Justiz habe den Mann, der verdächtigt wird, an der Sprengung beteiligt gewesen zu sein, nicht an Deutschland ausgeliefert und die deutsche Regierung habe nichts unternommen. Ob Polen genauso gefährlich für Deutschland sei wie Russland, fragt Lanz. „Die wirtschaftlichen Interessen Polens sind andere als die Deutschlands“, antwortet Chrupalla.
Die Zukunftsforscherin Florence Gaub erklärt, dass nur ein Staat im Besitz der Atombombe gegen Nato-Länder drohe – und das sei Russland. Als Chrupalla das in Zweifel zieht, weist Lanz auf Ex-Kremlchef Dmitri Medwedew hin, der ständig damit drohe. „Medwedew ist der Kiesewetter Russlands“, antwortet Chrupalla. Der verbreite genauso Propaganda wie der CDU-Politiker in Deutschland. (Roderich Kiesewetter ist einer der lautesten Kritiker an den Russlandverbindungen der AfD.)
Was sei mit der Bedrohung deutscher Infrastruktur durch mutmaßlich russische Drohnen? „Wenn der Bundeskanzler das sagt, dann sollte er auch die Beweise haben“, sagt Chrupalla. Die Bundeswehr habe keine einzige russische Drohne bestätigt. Dass Warschau Beweise für russische Drohnen über Polen habe, sei kein Beweis für russische Drohnen über Deutschland.
Einen Hinweis auf russische Hackerangriffe auf den Bundestag kontert er damit, dass auch Angela Merkel von den USA abgehört worden sei. Dass es vonseiten der USA aber keinen hybriden Krieg gegen Deutschland gegeben habe oder gebe, wie die Zukunftsforscherin Gaub erklärt, lässt er nicht gelten.
Weidel gegen Russlandreise von AfD-Politikern
Mit seiner positiven Haltung gegenüber Russland unterscheidet sich Chrupalla zunehmend von der Position seiner Co-Vorsitzenden Alice Weidel, die sich jüngst eher den USA zugewandt hat. So reisen nun in dieser Woche nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa auch weniger AfD-Politiker zu einer Konferenz nach Russland als ursprünglich geplant.
Weidel sagte vor einer Sitzung der Bundestagsfraktion in Berlin auf Journalistennachfrage, aus den Reihen der AfD-Fraktion werde nur noch Steffen Kotré nach Sotschi reisen. Der Abgeordnete Rainer Rothfuß werde hierbleiben. Er habe dies aus eigenen Stücken nach diversen Gesprächen mit Kollegen entschieden. Aus Weidels Worten ließ sich aber schließen, dass dies in ihrem Sinne war.
Konkret geht es um eine Reise zu einer politikwissenschaftlichen Konferenz im Schwarzmeer-Kurort Sotschi. Das Symposium wird nach dpa-Angaben vom Europa-Institut der Russischen Akademie der Wissenschaften und von Organisatoren der Kremlpartei Geeintes Russland ausgerichtet.
Die Veranstaltung hatte voriges Jahr zum ersten Mal stattgefunden. Neben Kotré und Rothfuß, der im vergangenen Jahr dort war, hatten sich auch der sächsische AfD-Landeschef Jörg Urban und der Europaabgeordnete Hans Neuhoff angekündigt.
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