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AfD in Umfrage weiter stärkste Kraft: Fast die Hälfte der Wähler erwartet vorzeitiges Ende der Merz-Regierung
Kein öffentlicher Streit, stattdessen konstruktives Regieren: Mit diesem Vorsatz waren Union und SPD gestartet. Das Vertrauen der Menschen schwindet weiter, wie eine Umfrage zeigt. CSU-Chef Söder mahnt.
Stand:
Ein knappes halbes Jahr ist die Koalition aus Union und SPD im Amt – und die Menschen in Deutschland sind einer Umfrage zufolge zunehmend unzufrieden mit der Arbeit der Bundesregierung von Kanzler Friedrich Merz (CDU) und seinem Vize, Finanzminister Lars Klingbeil (SPD).
Im Sonntagstrend, den das Meinungsforschungsinstitut Insa wöchentlich für die „Bild am Sonntag“ („BamS“) erhebt, sehen 66 Prozent die Arbeit von CDU/CSU und SPD immer kritischer. Denn das sind im Vergleich zur letzten Erhebung am 10. Oktober 2025 noch einmal drei Prozent mehr. Zufrieden sind noch 25 Prozent der Befragten (minus drei Punkte).
Und: 49 Prozent der Befragten rechnen sogar damit, dass die aktuelle Bundesregierung, die das Ampelbündnis aus SPD, Grünen und FDP vorzeitig ablöste, auch nicht die komplette Legislaturperiode bis 2029 hält. 32 Prozent glauben hingegen, dass die Koalition bis zu den nächsten regulären Wahlen besteht.
Union und SPD kommen zusammen nur auf 39 Prozent und sind sechs Prozentpunkte schwächer als bei der Bundestagswahl.
Hermann Binkert, Insa-Chef
Die AfD bleibt in der Wählergunst trotz Verlusten die stärkste Kraft, sie kommt der Umfrage zufolge auf 26 Prozent (minus einen Prozentpunkt). Die Union verliert ebenfalls einen Punkt und sinkt auf 24 Prozent. Seit September liegt die in Teilen als gesichert rechtsextremistisch eingestufte AfD im Sonntagstrend vor der Union auf Platz 1.
Weder Merz’ Bekenntnis zur Brandmauer – ein Bündnis mit der Partei von Alice Weidel und Tino Chrupalla hatte der Kanzler gerade erneut strikt ausgeschlossen – noch aktuell die von ihm entfachte Stadtbild-Debatte haben sich offenbar ausgewirkt.
Grünen und Linke gleichauf
Die SPD gewinnt im Vorwochenvergleich einen Prozentpunkt dazu (15 Prozent). Die übrigen Parteien halten ihre Werte: Die Grünen und die Linke stehen jeweils bei elf Prozent, BSW und FDP bei jeweils vier Prozent. Andere Parteien erreichen zusammen fünf Prozent (plus eins).
Im Politbarometer von ZDF und Tagesspiegel vom Freitag waren das Bündnis Sahra Wagenknecht und die Liberalen sogar unter die Marke von drei Prozent gefallen und wurden damit den sonstigen Parteien zugeordenet.
13 Prozent der Stimmen für Parteien unter der Fünf-Prozent-Hürde
Insa-Chef Chef Hermann Binkert sagte zu der aktuellen Umfrage: „Union und SPD kommen zusammen nur auf 39 Prozent und sind sechs Prozentpunkte schwächer als bei der Bundestagswahl und fünf Prozentpunkte von einer parlamentarischen Mehrheit entfernt.“
Und: „13 Prozent der Wählerstimmen gehen an Parteien, die an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. Bereits mit 44 Prozent erreicht man parlamentarische Mehrheiten.“
Auch ein Linksbündnis würde derzeit nicht funktionieren: „Rot-Rot-Grün erreicht zusammen 37 Prozent und ist sieben Prozentpunkte von einer parlamentarischen Mehrheit entfernt“, sagte Binkert weiter. Um zu regieren, bräuchten Union und SPD derzeit als weiteren Partner die Grünen. Alle zusammen kämen auf 50 Prozent.
Söder warnt vor Parteidenken
CSU-Chef Markus Söder ermahnte Schwarz-Rot, stärker an einem Strang zu ziehen. „Eine Koalition darf nicht im Parteidenken steckenbleiben“, sagte Söder der „BamS“.
Die Menschen haben ein gutes Gespür für Gerechtigkeit. Es braucht keine akademischen Debatten, sondern pragmatische Lösungen.
Markus Söder, CSU-Chef
„Am Ende zählen nicht taktische Geländegewinne, sondern was richtig und wichtig ist. Land geht immer vor Partei“, mahnte der bayerische Ministerpräsident.

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Die Politik müsse sich „wieder stärker an der Mitte der Gesellschaft orientieren – an dem, was die Bevölkerung wirklich bewegt“. Der CSU-Chef sagte weiter: „Die Menschen haben ein gutes Gespür für Gerechtigkeit. Es braucht keine akademischen Debatten, sondern pragmatische Lösungen.“
Söder forderte zugleich Geschwindigkeit bei den geplanten Reformen. „Wir brauchen Tempo, Tempo, Tempo. Die Wirtschaft muss jetzt das absolute Top-Thema für die Bundesregierung sein. Wir müssen sie wieder zum Laufen bringen. Der Grundsatz muss sein: weniger Bürokratie und mehr Vertrauen in die Wirtschaft“, betonte Söder.
Wahlumfragen sind generell immer mit Unsicherheiten behaftet. Unter anderem erschweren nachlassende Parteibindungen und immer kurzfristigere Wahlentscheidungen den Meinungsforschungsinstituten die Gewichtung der erhobenen Daten.
Grundsätzlich spiegeln Umfragen nur das Meinungsbild zum Zeitpunkt der Befragung wider und sind keine Prognosen auf den Wahlausgang.
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