
© dpa/Bernd von Jutrczenka
Merz will Gesetzentwurf vorlegen: AfD wird Unionsanträgen zur Migration wohl zustimmen – SPD-Länderchefs warnen
Die Union will die „Brandmauer“ zur AfD erhalten und hat in ihre Bundestagsanträge zur Migrationspolitik deutliche Kritik an der Partei aufgenommen. Hält das die AfD auf Abstand?
Stand:
Die AfD-Bundestagsfraktion wird den geplanten Anträgen der Union für eine scharfe Migrationspolitik trotz darin enthaltener AfD-Kritik wohl zustimmen – sofern diese in dieser Woche überhaupt zur Abstimmung kommen. Auf eine entsprechende Empfehlung verständigte sich nach dpa-Informationen der Fraktionsvorstand.
Ein Sprecher wies jedoch darauf hin, dass die endgültigen Versionen der Unionsanträge noch gar nicht vorlägen. Entscheidungen darüber würden erst in der AfD-Fraktionssitzung am Dienstag getroffen.
Zwei Antragsentwürfe aus der Union waren am Wochenende öffentlich geworden. In einem davon grenzt sich die Union scharf von der AfD ab: „Die AfD nutzt Probleme, Sorgen und Ängste, die durch die massenhafte illegale Migration entstanden sind, um Fremdenfeindlichkeit zu schüren und Verschwörungstheorien in Umlauf zu bringen.“ Die AfD sei kein Partner, sondern politischer Gegner.
AfD-Partei und Fraktionschefin Alice Weidel sagte bei RTL/ntv, man könne mit solchen Spitzen gegen die AfD sehr gut umgehen, das sei man gewohnt. Ihr sei es recht, wenn die CDU es endlich ernst meine mit einer seriösen Migrationspolitik. „Dem werden wir natürlich auch zustimmen.“
Grüne erteilen Merz Absage
Im Streit über die Migrationspolitik haben die Grünen von Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) eine klare Absage an jede Zusammenarbeit mit der AfD gefordert. Co-Parteichef Felix Banaszak wies am Montag zugleich Aussagen des CDU-Vorsitzenden zurück, dass SPD und Grüne durch ihre Zustimmung Unions-Anträgen zur Migrationspolitik zur Mehrheit verhelfen sollten.
„Wenn das Kalkül ist, mit der Mehrheit durch Stimmen der AfD-Fraktion SPD und Grüne zu einer Zustimmung zu einem Paket zu erpressen, das mit Europarecht und der Verfassung einfach nicht konform ist, dann ist dieses Kalkül zynisch“, sagte Banaszak am Montag in Berlin. „Und dann weisen wir das in aller Deutlichkeit zurück.“
Banaszak verwies darauf, dass es nach dem Bruch der Ampel unter den demokratischen Fraktionen eine klare Verabredung gegeben habe, dass sie nichts zur Beschlussfassung im Bundestag einbringen würden, für das es keine gesicherte Mehrheit unter den demokratischen Fraktionen gebe.
Merz sei nicht auf SPD und Grüne zugekommen, um etwas Gemeinsames zu machen. SPD und Grüne etwa hätten auf anderen Feldern wie der Energiepolitik Kontakt zur Union gesucht, wie sich Gesetzentwürfe verändern müssten, um zu einer gemeinsamen Mehrheit kommen zu können. In mehreren Bereichen gelangen SPD und Grünen mit der Union Einigungen, die kommende Woche noch den Bundestag passieren sollen.
Merz will zwei Anträge und ein Gesetzentwurf einreichen
Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz will diese Woche neben zwei Anträgen auch einen Gesetzentwurf zur Migrationspolitik im Bundestag vorlegen und dann auch zur Abstimmung stellen. Das kündigte der CDU-Chef nach Beratungen der Parteigremien am Montag in Berlin an. „Es ist jetzt wirklich Zeit, Entscheidungen zu treffen“, hob er hervor.
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.
Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.
Nach Angaben aus der Unionsfraktion vom Montag sieht der Gesetzentwurf Änderungen des Asyl- und des Aufenthaltsgesetzes vor. Dadurch soll insbesondere klargestellt werden, dass die Verweigerung der Einreise durch „Zurückweisungen an der Grenze“ erfolgen soll. Im Aufenthaltsgesetz soll klargestellt werden, dass dieses nicht nur zur Steuerung, sondern auch zur „Begrenzung“ des Zuzugs von Ausländern dient. Eine endgültige Fassung des Gesetzentwurfs liegt aber noch nicht vor.
Um den Gesetzentwurf beschleunigt durch den Bundestag zu bekommen, plant die Union auch einen Beschluss nach Paragraf 81 der Geschäftsordnung des Parlaments. Dadurch entfällt die übliche und zeitaufwendige Beratung in den Ausschüssen. Nötig dafür wäre aber eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament.
SPD greift Migrationspolitik der Union scharf an
Auch die SPD greift die Union in der Migrationspolitik scharf an und will im Bundestag Gegenvorschläge auf den Tisch legen. CDU und CSU hätten in den vergangenen Wochen unter anderem ein Sicherheitspaket mit mehr Befugnissen für die Behörden und eine Reform des Bundespolizeigesetzes blockiert, kritisierte Generalsekretär Matthias Miersch.

© dpa/Kay Nietfeld
Außerdem solle die europäische Asylreform zur Steuerung von Migration in Deutschland schnell umgesetzt werden. „Unsere Vorschläge diskutieren wie gerne – erneut – mit allen demokratischen Fraktionen“, heißt es in einem Vorstandsbeschluss der SPD.
Eine Zustimmung zu den Anträgen von CDU und CSU schloss Miersch aus. Er sehe auch keine Grundlage für einen Kompromiss, da die aktuellen Vorschläge der Union gegen die Verfassung und gegen europäisches Recht verstießen.
Sollten CDU und CSU bei ihrer Linie bleiben, die Reformen im Zweifel mithilfe der AfD durchzusetzen, sei das ein „beispielloser Tabubruch in der Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland“.
„Ich kann hier nur sagen, wer das tut, wer die AfD, die Weidels, Höckes und Co. in sein Haus lässt, der wird sie aus diesem Haus nicht mehr herausbekommen“, warnte Miersch. Die SPD werde versuchen, das im Bundestag zu verhindern.
SPD-Länderchefs: Brandmauer zur AfD darf nicht wanken
Auch die sieben Regierungschefs der SPD-geführten Länder sind besorgt. Sie rufen ihre Kollegen in den übrigen Ländern zu einer klaren Abgrenzung von der AfD auf. „Die Brandmauer zwischen demokratischen und undemokratischen Parteien darf nicht ins Wanken geraten“, schreiben die sieben Länderchefinnen und -chefs in einem Brief, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Auf kommunaler Ebene sei das leider längst passiert. „Weder auf Landes- noch auf Bundesebene darf sich diese Entwicklung fortsetzen“, fordern die SPD-Politiker.
Die Regierungschefs von Niedersachsen, Hamburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Rheinland-Pfalz und dem Saarland sind demnach besorgt, dass demokratische Politiker am Mittwoch im Bundestag in der Flüchtlingspolitik Anträge mit den Stimmen der AfD durchbringen - „einer Partei, die in immer mehr Ländern als gesichert rechtsextrem eingestuft ist“, schreiben sie.
„Die Verantwortlichen im Bund und in den Ländern stehen allesamt in der Pflicht, keinen Zweifel an der gemeinsamen Haltung gegenüber Radikalen aufkommen zu lassen“, heißt es weiter. Stattdessen müsse man gemeinsam Lösungen entwickeln, um Verbrechen wie in Magdeburg und Aschaffenburg zu verhindern. Eine direkte oder indirekte Zusammenarbeit mit verfassungsfeindlichen Kräften dürfe es nicht geben.
Merz nimmt AfD-Stimmen in Kauf
Merz bekräftigte erneut, dass er im Bundestag auch eine Mehrheit mittels Stimmen der AfD in Kauf nehmen würde: „Was in der Sache richtig ist, wird nicht falsch dadurch, dass die Falschen zustimmen“, sagte er. Allerdings forderte der CDU-Chef auch erneut SPD, Grüne und FDP auf, den Unionsanträgen zuzustimmen. Es liege an ihnen, „zu verhindern, dass es Mehrheiten gibt, die keiner von uns will“. Er suche von sich aus „keine anderen Mehrheiten im Bundestag“, versicherte Merz.
Zuspruch von der FDP
Die FDP plant, dem Antrag der Unionsfraktion zuzustimmen. „Die Vorschläge der Union gehen grundsätzlich in die richtige Richtung und deswegen werden wir dem Fünf-Punkte-Plan der CDU/CSU-Fraktion auch unsere Zustimmung erteilen im Deutschen Bundestag“, sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr bei einem Statement in Berlin.
Dürr warb dafür, dass auch die Fraktionen von SPD und Grünen dem Antrag zustimmen. „Denn ein Kurswechsel in der Migrationspolitik in Deutschland muss aus der parlamentarischen, aus der demokratischen Mitte heraus erfolgen.“ Über das Verhalten der AfD habe man bislang keine Kenntnis. „Aber wenn wir uns zu einem Unionsantrag verhalten, dann können wir es nicht von taktischen Spielchen der AfD abhängig machen.“ Der Fraktionsvorsitzende betonte außerdem, dass die FDP auch eigene Anträge einbringen wolle.
Wer sich diesem Thema verweigert, der macht die Extremisten nur groß.
Marco Buschmann (FDP)
Auch der designierte FDP-Generalsekretär Marco Buschman signalisierte nach einer Präsidiumssitzung, dass die FDP-Spitze die Vorschläge von Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz für eine Verschärfung der Migrationspolitik unterstütze. Der Geist des Antrags entspreche dem, „was wir unter einer neuen Realpolitik in der Migration verstehen, nämlich mehr Kontrolle und Ordnung“.
Dem Bundesvorstand und der Bundestagsfraktion werde empfohlen, dem Antrag der Union zuzustimmen. „Die Menschen in Deutschland wollen in ihrer ganz großen Mehrheit eine andere Migrationspolitik, eine Migrationspolitik der Steuerung, der Ordnung, eine Migrationspolitik, wie wir sie seit längerem schon nennen, die man zusammenfassen kann als neue Realpolitik in der Migration“, sagte Buschmann.
„Wer sich diesem Thema verweigert, der macht die Extremisten nur groß“, sagte er. Es dürfe nicht zugelassen werden, dass die AfD mit ihrem Stimmverhalten Einfluss auf das Verhalten der anderen Parteien nehmen könne. (AFP, dpa, Reuters)
- AfD
- Alice Weidel
- CDU
- CSU
- Deutscher Bundestag
- Die Grünen
- FDP
- Friedrich Merz
- Marco Buschmann
- Migration
- RTL
- SPD
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: