Politik: Anwalt von Chodorkowskij kritisiert die Bundesregierung
Berlin - Der Anwalt des russischen Unternehmers Michail Chodorkowskij hat die Russlandpolitik der Bundesregierung scharf kritisiert. „Wer ein Freund Russlands sein will, muss auch zu einem wirklichen Dialog bereit sein“, sagte Robert Amsterdam dem Tagesspiegel.
Berlin - Der Anwalt des russischen Unternehmers Michail Chodorkowskij hat die Russlandpolitik der Bundesregierung scharf kritisiert. „Wer ein Freund Russlands sein will, muss auch zu einem wirklichen Dialog bereit sein“, sagte Robert Amsterdam dem Tagesspiegel. Zugleich rief er die EU auf, bei ihrem Gipfel mit Russland in der kommenden Woche den Fall Jukos zur Sprache zur bringen. „Die EU-Staaten müssen sich fragen, ob sie den deutschen Weg fortsetzen und im Verhältnis zu Russland Politik und Wirtschaft voneinander trennen wollen“, sagte der kanadische Anwalt. Politische Stabilität könne es in Russland nur geben, wenn Rechtssicherheit gewährleistet sei. Im Fall um den früheren Jukos-Chef Chodorkowskij, dem Steuer- und Wirtschaftsvergehen vorgeworfen werden, sieht Amsterdam Behördenwillkür. „Ich kann nicht glauben, dass man derart schwere Verstöße gegen die Menschenrechte und gegen das Recht auf privates Eigentum ungestraft geschehen lässt.“
Die EU rief er dazu auf, einen gemeinsamen Kurs in dieser Frage zu finden. Schweden hat bereits kritisiert, dass im Fall Chodorkowskij rechtsstaatliche Prinzipien verletzt werden. „Die Einzigen, die sagen, dass der Prozess nicht politisch motiviert ist, sind der italienische Ministerpräsident Berlusconi und Bundeskanzler Schröder“, sagte Amsterdam. Selbst einzelne russische Regierungsvertreter hätten zugegeben, dass der Fall einen politischen Hintergrund habe. „Die Frage ist jetzt: Auf welcher Seite steht Deutschland, und wo will Deutschland stehen, wenn solche Fälle in Russland in den nächsten Jahren um sich greifen?“
Auch der deutsche Energiesektor muss nach Auffassung des Anwalts ein Interesse daran haben, dass in Russland rechtsstaatliche Prinzipien gelten. Zugleich verwies Amsterdam auf die engen Beziehungen der deutschen Wirtschaft zum russischen Konzern Gasprom, der wiederum durch das Vorgehen gegen Jukos wirtschaftliche Vorteile habe.
Der Öl-Milliardär Chodorkowskij, der sich politisch für die Opposition engagiert hatte, war am 25. Oktober 2003 festgenommen worden und sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Der Konzern sieht sich inzwischen mit Steuernachforderungen von 18 Milliarden Dollar konfrontiert. Chodorkowskij äußerte vor Gericht die Überzeugung, der Prozess werde so lange laufen, bis Jukos vernichtet ist.