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Am Freitag soll die erste Lesung des Gesetzentwurfs zum Betreuungsgeld von Familienministerin Kristina Schröder (CDU) beginnen.

© dpa

Kritik an Betreuungsgeld: Aus Angst vor den Wählern

In der Union gibt es Befürchtungen, dass das Betreuungsgeld zur „Hotelsteuer“ für sie werden könnte - ein Sinnbild für einen schweren politischen Fehler von Schwarz-Gelb, der insbesondere der FDP angelastet wird.

Von
  • Robert Birnbaum
  • Antje Sirleschtov

Kurz vor der Befassung des Bundestages mit dem Betreuungsgeld für Eltern, die ihre Kleinkinder nicht in eine Kita schicken, wird die Unzufriedenheit auch in der Koalition nicht kleiner. Das Unbehagen betrifft sowohl den Inhalt des Gesetzes als auch das geplante parlamentarische Verfahren, das an diesem Freitag mit der ersten Lesung des Gesetzentwurfs von Familienministerin Kristina Schröder (CDU) beginnen soll. Als in der Unionsfraktion am Dienstag darüber abgestimmt wurde, ob der Entwurf in den Bundestag eingebracht werden soll, gab es 15 Nein-Stimmen und acht Enthaltungen.

Nun ist diese Abstimmung noch folgenlos. Doch untertreibt die reine Zahl der Dissidenten eher das Ausmass des Unmuts. Am Montagabend war etwa in der nordrhein-westfälischen CDU-Landesgruppe eine unerwartet heftige Kontroverse zu beobachten. Teilnehmer berichten von warnenden Hinweisen: Das Betreuungsgeld, das auf Drängen der CSU in den Koalitionsvertrag geschrieben wurde, habe in der Bevölkerung in etwa den gleichen Rückhalt wie die Senkung der Mehrwertsteuer für Hoteliers zu Beginn der Legislaturperiode, hieß es. Auch bei diesem später als Mövenpick-Steuer bekannt gewordenen Gesetzesvorhaben hatte es heftige öffentliche Kritik gehagelt. Trotz kontroverser Diskussionen auch in den Regierungsfraktionen hatten sich die Befürworter durchgesetzt. Doch das Steuergeschenk für Hoteliers blieb unbeliebt. Union und FDP hatten in den Monaten danach alle Mühe, mit anderen Themen noch durchzudringen. Die Steuersenkung war von CSU und FDP mit Nachdruck gefordert worden. Heute gilt die Hotelsteuer als Sinnbild für einen schweren politischen Fehler von Schwarz-Gelb, der insbesondere der FDP angelastet wird.

„Das Betreuungsgeld wird zur zweiten Hotelsteuer für uns werden“, wird ein nordrhein-westfälischer Abgeordneter zitiert, der sich am Montagabend zu Wort gemeldet und von den anwesenden CDU-Abgeordneten vielfache Zustimmung erhalten habe. Mit Blick auf den im kommenden Jahr beginnenden Bundestagswahlkampf sollen mehrere Abgeordnete vom Unverständnis der eigenen Parteibasis über die geplanten Milliardenausgaben berichtet haben. Die CDU habe im gerade erst zurückliegenden Landtagswahlkampf der Landesregierung verschwenderischen Umgang mit Steuergeld vorgeworfen, nun wolle sie selbst umstrittene Milliarden ausgeben. „Hätte es am Montag eine Abstimmung in der Landesgruppe gegeben“, lässt sich ein Teilnehmer zitieren, „dann hätte die übergroße Mehrheit dagegen gestimmt.“

Der neue Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer, verteidigte das Betreuungsgeld „kleine Aufmerksamkeit“ für die Eltern, die keinen teuren öffentlichen Kita-Platz in Anspruch nehmen. Er sah die Front der Kritiker eher bröckeln – so hätten Kritiker ihre Vorbehalte zurückgestellt, seit klar sei, dass Hartz-IV-Familien die Leistung nicht bekommen.

Grosse-Brömer wies Vorwürfe aus der Opposition, aber auch Kritik der Vorsitzenden des Familienausschusses im Bundestag, Sibylle Laurischk (FDP), am Eilverfahren zurück, mit dem die Koalition das Gesetz beschließen will. An Debatte habe es nun wirklich nicht gefehlt: „Die Argumente sind lange bekannt.“ SPD und Grüne wiesen aber unter Hinweis auf die Geschäftsordnung Pläne von Union und FDP zurück, das Verfahren weiter zu beschleunigen. Die Koalition hatte geplant, bei der Sitzung des Familienausschusses an diesem Mittwoch einen Beschluss über die öffentliche Experten-Anhörung zum Betreuungsgeld in zwei Wochen zu erwirken. Weil die Erste Lesung des Gesetzentwurfs im Plenum erst am Freitag stattfinden soll, wäre dazu die Zustimmung aller Fraktionen nötig gewesen. Das verweigerten Sozialdemokraten und Grüne. Will Schwarz-Gelb den Zeitplan einhalten, wonach das Gesetz am letzten regulären Sitzungstag des Bundestags vor der Sommerpause, also am Freitag in zwei Wochen, beschlossen werden soll, muss der Familienausschuss diese Woche ein weiteres Mal tagen. Dann ist der Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht, und die Koalition kann den Beschluss zur Anhörung auch ohne die Opposition fassen.

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