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Auslandseinsatz: Mit robustem Mandat in den Libanon

Die Bundesregierung hat sich auf einen einjährigen Bundeswehreinsatz im Libanon festgelegt. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach von einer "historischen Dimension".

Berlin - Wenn der Bundestag zustimmt, kann sich Deutschland mit bis zu 2400 Soldaten an der UN-Friedenstruppe Unifil beteiligen, beschloss das Kabinett. FDP und Linke kündigten an, bei der Abstimmung im Bundestag am kommenden Mittwoch gegen diesen "Tabubruch" in der deutschen Außenpolitik votieren zu wollen. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) nannte die Weigerung unverständlich. Das Argument der "historischen Bürde" dürfe nicht dazu missbraucht werden, sich einem Beitrag zur politischen Lösung zu verweigern, sagte er. Der "erste Baustein" dazu sei nun einmal das militärische Engagement. Merkel fügte hinzu, diese Mission sei angesichts der besonderen Verantwortung Deutschlands für Israel "kein Einsatz wie jeder andere".

Nach Angaben von Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) sollen zunächst nur 1500 Marinesoldaten auf zwei Fregatten, vier Schnellbooten und zwei Versorgungsschiffen in die Region entsandt werden. Zusammen mit Schiffen aus Norwegen, Schweden, Dänemark und den Niederlanden sollen sie die 225 Kilometer lange Küste überwachen und den Waffenschmuggel für die radikal-islamischen Hisbollah unterbinden. Weitere 400 Soldaten seien für die Führung dieser maritimen "task force" und die logistische Unterstützung vorgesehen, sagte Jung. Hundert Soldaten seien für den Lufttransport eingeplant, weitere hundert für die Beratung und Ausbildung der libanesischen Streitkräfte und 300 als planerische Reserve. Das Mandat ist zunächst bis zum 31. August 2007 befristet.

"Robustes Mandat" statt "Kampfeinsatz"

Merkel und Jung vermieden den Begriff "Kampfeinsatz" und betonten lediglich, die Bundeswehr bekäme ein "robustes Mandat". Zudem werde es keine Einschränkungen bei der Überwachungsaufgabe geben, der Operationsraum der Marine beziehe sich entgegen ersten Veröffentlichungen auf das gesamte Seegebiet. Am Mittwochabend sollte der Einsatz der maritimen Einsatztruppe sowie die Kooperation mit der libanesischen Armee präzisiert werden. Um den libanesischen Hoheitsbedenken entgegenzukommen, ist der Einsatz von Verbindungsoffizieren bei der deutschen Marine geplant. Offen ist noch die Ausgestaltung der Kooperation. Ein Vetorecht der libanesischen Verbindungsoffiziere, welche Schiffe durchsucht werden dürfen, wird es nach Aussage Merkels nicht geben.

Das zunächst bis August 2007 befristete Mandat erlaube auch die Kontrolle eines verdächtigen Schiffes gegen Widerstand, betonte Jung. Das Einsatzgebiet beziehe sich auf das gesamte Küstengebiet und umfasse einen Bereich von rund 50 Seemeilen. Die Kosten bezifferte der Verteidigungsminister für dieses Jahr auf rund 46 Millionen Euro und für 2007 auf rund 147 Millionen Euro. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) mahnte weitere Anstrengungen zur politischen Lösung des Nahost-Konflikts an. Angesichts der Probleme, die sich über Jahrzehnte aufgehäuft hätten, "wird es mit einem Schlag nicht getan sein". Die Neutralisierung des Konflikts zwischen Libanon und Israel sei dabei "das erste Mosaiksteinchen".

Debatte über Zustimmung im Parlament

Die Fraktionsspitzen von Union und SPD kündigten eine Zustimmung der Koalitionsfraktionen an. Das Mandat soll am kommenden Dienstag in erster Lesung auf einer Sondersitzung des Bundestages behandelt und anschließend in den Ausschüssen beraten werden. Für Mittwoch ist die namentliche Abstimmung vorgesehen. Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn signalisierte nach der Unterrichtung über die Regierungspläne im Kanzleramt eine mögliche Zustimmung seiner Partei. "Wir prüfen offen", sagte Kuhn und sprach von einer "aufschlussreichen Unterrichtung", bei der "viele Fragen geklärt" worden seien.

FDP-Chef Guido Westerwelle zeigte sich dagegen "unverändert nicht überzeugt", dass ein Nahost-Einsatz deutscher Soldaten richtig sei. Er werde seiner Fraktion empfehlen, dem Einsatz nicht zuzustimmen. Linksfraktionschef Gregor Gysi ergänzte, mit einer Beteiligung an der Nahost-Mission werde Deutschland "nicht Teil der Lösung", sondern "Teil des Konfliktes". (tso/ddp/AFP)

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