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Der Autor Niko Alm trägt auf seinem Führerschein ein Nudelsieb auf dem Kopf – er ist Anhänger der Bewegung des Fliegenden Spaghettimonsters.

© dpa

Autor Niko Alm über Kirche und Staat: „Alle Religionen sind menschengemachte Ideologien“

Wird mit Religion Politik gemacht? Autor Niko Alm, der leidenschaftliche Streiter für den Laizismus, fährt schwere Geschütze auf. Eine Buchkritik.

Wer denkt öfter über Gott nach – der Gläubige oder der Atheist? Die Frage ist schwer zu beantworten. Jemand kann sein Leben einer höheren Macht widmen oder dem Kampf gegen die Behauptung, dass es eine höhere Macht gibt.

In die zweite Kategorie fällt Niko Alm, 44-jähriger Österreicher und ehemaliger Politiker. Alm ist Gründer der Initiative gegen Kirchenprivilegien, Gründungsmitglied der Giordano-Bruno-Stiftung in Österreich, bekennender Atheist und „Pastafari“, wie sich die Anhänger der religionsparodistischen Bewegung des Fliegenden Spaghettimonsters nennen, und seit acht Jahren der Vorsitzende des Zentralrats der Konfessionsfreien. Sein Buch „Ohne Bekenntnis“ ist ein flammendes Plädoyer für eine strikte Trennung von Kirche und Staat nach dem Vorbild der französischen Laizität.

Alms Vorwurf: Die Aufklärung ist ein unvollendeter Prozess geblieben, die Abkehr des Staates von der Religion sei nur halbherzig erfolgt, Religionsfreiheit habe sich in ein Rechtsanspruchsdenken verwandelt, Religionsgemeinschaften würden gesetzlich privilegiert. Die Folge sei eine neuartige „Verpartnerung“ von Politik und Religion. Das ist mit Furor und Sachkenntnis geschrieben, Alm hat auch die entsprechenden Debatten in Deutschland intensiv verfolgt.

Gegen Blasphemieverbot, Exorzismus, Religionsunterricht

Intellektuell untermauert wird der Frontalangriff auf sämtliche Glaubensgemeinschaften in historischer Hinsicht durch Friedrich Nietzsche und Michail Bakunin, aktuell durch Anleihen bei den beiden prominentesten religionskritischen Atheisten, Richard Dawkins und Christopher Hitchens. Die Sicht auf den Islam ist durch die Schriften von Hamed Abdel-Samad geprägt.

„Alle Religionen sind menschengemachte Ideologien“, schreibt Alm – und zieht gehörig vom Leder: gegen Blasphemieverbot, Exorzismus, Religionsunterricht, das Kreuz im Klassenzimmer, das Kopftuch, den Gott-Bezug in der Verfassung, das rituelle Schächten, die Beschneidung (die Alm als „männliche und weibliche Genitalverstümmelung" bezeichnet). Unterfüttert wird das mit der Behauptung, dass „die abrahamitischen Religionen im Kern ihrer Lehren Gewalt nicht nur billigen, sondern auch dazu aufrufen“.

Im Ton apodiktisch, in der Forderung klar, dabei zweckrational und naturwissenschaftlich argumentierend – Seinesgleichen dürfte der Autor mit dieser Schrift durchaus erreichen. Eine Brücke ins Lager der Gottgläubigen indes hat er sicher nicht geschlagen. Dafür wären mehr einfühlende Passagen und weniger Negativ-Klischees nötig gewesen.

- Niko Alm: „Ohne Bekenntnis. Wie mit Religion Politik gemacht wird“, Residenz Verlag, Salzburg/Wien 2019, 248 Seiten, 22.- Euro.

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