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Auch in Bayern und der CSU umstritten: die Windkraftenergie. Foto: dpa

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Politik: Bayerische Wende

Wohin der Freistaat in der Energiepolitik steuert, wird immer unklarer Vor den Kommunalwahlen will die CSU offenbar die Basis nicht verprellen.

München - Für Bayerns Opposition ist eines klar: Das ehrgeizige Projekt Energiewende, das den Freistaat bis zum Jahr 2022 komplett von der Atomkraft loslösen soll, fährt derzeit voll gegen die Wand. SPD-Generalsekretärin Natascha Kohnen spricht bereits von einem „Scherbenhaufen Energiewende“.

Das hat vor allem damit zu tun, dass sich Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) mit dem ihm gewohnt raschen Tempo wendig von zwei Zielen verabschiedet hat: Am Dienstag beschloss das Kabinett eine neue Abstandsregel für Windräder von Wohngebieten, die sogenannte 10-H-Regel. Sie besagt, dass neue Anlagen zehn Mal so weit von Häusern entfernt stehen müssen, wie sie hoch sind. Das sind etwa zwei Kilometer. Kritiker sind sich einig, dass mit der 10-H-Regel neue Windkraft im Freistaat faktisch unmöglich gemacht wird. Das Augsburger „Forum für eine verantwortbare Energiepolitik“ etwa listet auf, dass im Jahr 2013 in Bayerisch-Schwaben zehn neue Windkraftwerke errichtet worden sind, die den Stromverbrauch von 30 000 Einwohnern decken. Hätte aber die Abstandsregel schon gegolten, hätte keine einzige dieser Anlagen errichtet werden können. Auch innerhalb der CSU regt sich Widerstand. So sagt der Starnberger CSU-Landrat Karl Roth, dass mit dem weiten Abstand in seinem Landkreis wohl nirgendwo ein Windrad gebaut werden könne. Eine mögliche Ausnahme will die Staatsregierung zulassen: Der Abstand darf auch geringer sein, wenn die Gemeinde und auch betroffene Nachbarorte dem mehrheitlich zustimmen.

Zudem hat sich Seehofer jetzt – kurz vor den Kommunalwahlen im März – gegen die geplante Starkstromtrasse von Halle (Sachsen-Anhalt) über Franken bis nach Augsburg gestellt, durch die Elektrizität aus dem Norden nach Bayern fließen soll. Bis vor kurzem war man sich in der CSU auch noch einig, dass es dringend neuer „Stromautobahnen“ bedarf, um die Energie von Nord nach Süd zu transportieren und Engpässe zu vermeiden. Der jetzige Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hatte in seiner Zeit als CSU-Generalsekretär jene scharf kritisiert, „die gegen neue Stromtrassen sind“. Sie sollten ihre Blockadehaltung aufgeben.

Nun gab es in Franken zwei Veranstaltungen mit je 1000 Besuchern, auf denen die Betroffenen entlang der Trasse ihrem Unmut Luft verschafften. Und plötzlich erhielten sie die Unterstützung von Seehofer, der „Widerstand“ ankündigte. Bisher sei, so der Ministerpräsident, noch gar nicht erwiesen, ob man die Leitung überhaupt brauche. Mit ihm habe noch niemand darüber gesprochen. Mit der geplanten Ökostrom-Reform der Bundesregierung ändere sich die Geschäftsgrundlage, argumentiert seine Landesregierung. Mit Blick auf eine mögliche Drosselung beim Ausbau gerade der Windenergie wird gefordert, die Planungen neu zu justieren. Allerdings hatte sich Seehofers Kabinett schon mit dem Thema befasst. Zudem haben dem Bundesbedarfsplangesetz, das den Trassenbau regelt, sowohl die CSU-Abgeordneten im Bundestag als auch das Land Bayern im Bundesrat zugestimmt.

Die Bayern-SPD warnt nun vor einer „schleichenden Rückkehr zur Atomkraft“ oder aber der „De-Industrialisierung“ des Freistaates. Patrick Guyton

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