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Eine Klarnamenpflicht in sozialen Medien als Mittel gegen Hass und Hetze im Internet?

© dpa/Marcus Brandt

Exklusiv

Bayern für Klarnamenpflicht im Internet: „Frei sprechen ja – unsichtbar hetzen nein“

Das Recht auf freie Meinungsäußerung beinhalte keinen Anspruch auf Anonymität, sagt Bayerns Digitalminister Mehring. Berlins Justizsenatorin Badenberg will zumindest eine Debatte über Klarnamenpflicht.

Stand:

Nach Ex-Bundesverfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle spricht sich Bayern für die Einführung einer Klarnamenpflicht im Internet aus.

„Eine Klarnamenpflicht in den sozialen Medien einzuführen“ könne die Diskurskultur im Netz zivilisieren, sagte der bayerische Digitalminister Fabian Mehring (Freie Wähler) dem Tagesspiegel: „Das Recht auf freie Meinungsäußerung beinhaltet schließlich keinen Anspruch auf Anonymität – man muss schon zu seinen Äußerungen stehen; analog wie digital.“

„Öffentliche Debatten entgiften“

Was am Stammtisch kriminell sei, müsse im Netz sanktioniert werden können: „Wer beleidigt, bedroht oder Volksverhetzung betreibt, muss auch im Digitalen dingfest gemacht werden können“, sagte Mehring: „Wer weiß, dass sein Handeln nicht folgenlos bleibt, verhält sich verantwortungsvoller – genau das kann öffentliche Debatten spürbar entgiften.“

Plädiert für die Einführung einer Klarnamenpflicht im Internet: Andreas Voßkuhle, ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichts.

© Imago/Sven Simon/Malte Ossowski

Dabei gehe es nicht um eine Einschränkung von Meinungen, sondern um einen wehrhaften Rechtsstaat, der im digitalen Raum funktioniere. Hass und Hetze dürften sich im Internet „nicht hinter Anonymität verstecken“. Im Netz müsse gelten: „Frei sprechen ja – unsichtbar hetzen nein.“

Wer beleidigt, bedroht oder Volksverhetzung betreibt, muss auch im Digitalen dingfest gemacht werden können.

Fabian Mehring (Freie Wähler), bayerischer Digitalminister

Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) verlangt eine „ergebnisoffene, aber zielgerichtete Debatte über eine Klarnamenpflicht im digitalen Raum“, wie sie dem Tagesspiegel sagte. „Die zunehmende Enthemmung anonymisierter Meinungsäußerungen im Internet bereitet mir große Sorge“, sagte Badenberg.

„Die zunehmende Enthemmung anonymisierter Meinungsäußerungen im Internet bereitet mir große Sorge“ – Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU).

© dpa/Soeren Stache

„Beleidigungen, Drohungen und gezielte Persönlichkeitsverletzungen sind längst kein Randphänomen mehr, sondern prägen in Teilen den digitalen Diskurs“, sagte die CDU-Politikerin. Wenn man dem tatenlos zusähe, drohe „eine schleichende Normalisierung von Hasskriminalität – mit spürbaren Folgen für Empathie, gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Bereitschaft zur offenen Debatte“.

Beleidigungen, Drohungen und gezielte Persönlichkeitsverletzungen sind längst kein Randphänomen mehr, sondern prägen in Teilen den digitalen Diskurs

Felor Badenberg (CDU), Beriner Justizsenatorin

Die schiere Menge problematischer Inhalte in sozialen Netzwerken führe dazu, „dass geltende rechtliche Normen faktisch immer seltener durchgesetzt werden können“, sagte Badenberg. Der digitale Raum werde so als ein Ort wahrgenommen, an dem andere Regeln gälten als in der analogen Welt. „Dies führt dazu, dass strafrechtlich relevante Äußerungen teilweise ohne Zurückhaltung und ohne Furcht vor Konsequenzen getätigt werden.“

Badenberg will Plattformen in die Pflicht nehmen

Der Staat müsse befähigt werden, „seiner Schutzfunktion besser gerecht zu werden – insbesondere gegenüber Kindern und Jugendlichen“, verlangte Badenberg. Ermittlungsbehörden bräuchten in klar definierten Fällen „eine verlässliche und praktikable Möglichkeit, Tatverdächtige schnell zu identifizieren. Zugleich sind die Plattformen stärker in die Verantwortung zu nehmen, ihren Beitrag zur Durchsetzung unserer Rechtsordnung zu leisten.“

Zuvor hatte der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, für die Einführung einer Klarnamenpflicht im Internet plädiert. „Um die Diskurskultur etwas zu rationalisieren, sollte es im Internet Pflicht werden, seinen Klarnamen zu benutzen“, sagte Voßkuhle im Interview mit dem Tagesspiegel.

Mit diesem einfachen Mittel könne man „öffentliche Diskussionen im Netz entgiften“, sagte Voßkuhle, Vorsitzender des Vereins „Gegen Vergessen – für Demokratie“. Die „Verrohung im Netz“ halte die Gesellschaft „auf Dauer nicht aus“.  Eine gesetzliche Umsetzung einer Klarnamenpflicht im Internet sei zwar „nicht ganz einfach“, aber „verfassungsrechtlich zulässig“.

Das gesamte Interview mit Andreas Voßkuhle können Sie hier ab Samstag, 27. Dezember, lesen.

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