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„Bei uns weht eine Fahne: Schwarz-Rot-Gold“: Klöckner verteidigt Entscheidung gegen Regenbogenflagge am CSD
Auf dem Reichstag soll anders als in den Jahren zuvor beim Christopher Street Day die Regenbogenflagge nicht wehen. Die Bundestagspräsidentin von der CDU begründet ihre Entscheidung.
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Zum Christopher Street Day (CSD) am 26. Juli soll in diesem Jahr keine Regenbogenflagge auf dem Reichstag in Berlin gehisst werden. Dies hatte Bundestagspräsidentin Julia Klöckner im Mai entschieden. Zur Begründung ließ die CDU-Politikerin mitteilen, der CSD lebe „als Tag der Versammlung, des Protests und der Feier von seiner kraftvollen Präsenz auf den Straße“.
2022 war die Regenbogenflagge erstmals auf dem Bundestag gehisst worden, nun soll sie nur noch zum Internationalen Tag gegen Homophobie am 17. Mai dort zu sehen sein.
Die Entscheidung Klöckners hatte viel Unmut und Kritik hervorgerufen. Nun begründete die 52-Jährige ihren Schritt in einem Interview. „Wir sind der Deutsche Bundestag und bei uns weht eine Fahne: Schwarz-Rot-Gold“, sagte die Bundestagspräsidentin. „Sie repräsentiert alles, wofür unser Grundgesetz steht: Freiheit, Menschenwürde – und eben auch das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Keine Fahne steht über ihr“, sagte sie dem Portal t-online.
Dann müsste ich auch an einem Tag im Jahr zum Beispiel die Vatikanflagge hissen.
Julia Klöckner, Bundestagspräsidentin (CDU)
Sie verurteile Angriffe auf schwule und lesbische Menschen oder auf Veranstaltungen wie den CSD auf das Schärfste, fügte Klöckner hinzu. Doch auch andere Gruppen würden angefeindet und wünschten sich Sichtbarkeit. „Die meist verfolgte Gruppe weltweit sind übrigens Christen. Dann müsste ich auch an einem Tag im Jahr zum Beispiel die Vatikanflagge hissen. Auch Frauengruppen wünschen sich diese Sichtbarkeit.“

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Klöckner sagte weiter, sie habe auch entschieden, dass die Regenbogenflagge immer am 17. Mai auf dem Bundestag gehisst werde. Auf dieses Datum fällt der internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit. Für diese Entscheidung gebe es zudem einen parlamentarischen Anlass, so Klöckner. „Der Bundestag hat 2002 symbolisch den Beschluss, dass die Urteile gegen Homosexuelle in der NS-Zeit nichtig sind, auf diesen Tag gelegt.“
Die Regenbogenfahne wurde in den 1970er-Jahren zu einem Symbol der Lesben- und Schwulenbewegung. Inzwischen steht die Flagge – teils mit weiteren Farben – für den Kampf um die Anerkennung von Rechten weiterer sexueller Minderheiten. Der CSD wird im Sommer weltweit in vielen Städten begangen. Er erinnert vom Namen her an Aufstände der queeren Community in der Christopher Street in New York von 1969 und steht für die Gleichstellung queerer Menschen.
In dem Gespräch begründete die Rheinland-Pfälzerin auch, warum sie Angestellten der Bundestagsverwaltung untersagt hatte, als queeres Netzwerk der Bundesverwaltung am Berliner CSD teilzunehmen. „Jeder hat persönlich die Freiheit, Demonstrationen zu unterschiedlichsten politischen Anliegen zu besuchen, solange sie sich im Rahmen unserer Verfassung bewegen. Aber nicht im Namen des gesamten Bundestags.“
Verwaltung müsse aus ihrem Selbstverständnis heraus neutral sein, betonte Klöckner, die seit dem 25. März Präsidentin des Deutschen Bundestags ist. „Das ist kein Politikum, sondern sollte Selbstverständlichkeit sein – ganz gleich, wie ehrenwert die Anliegen politischer Demonstrationen auch sein mögen. Wo ziehen wir sonst die Grenze?“
Der SPD-Fraktionschef hatte diese Entscheidung Klöckners kritisiert. „Ich halte das für keine gute Idee“, sagte Matthias Miersch am Dienstag. Das habe er auch in einem persönlichen Gespräch mit Klöckner zum Ausdruck gebracht.
„Die letzten Jahre haben gezeigt, dass es wichtig ist, gerade in diesen Zeiten auch Flagge zu zeigen, im wahrsten Sinne des Wortes“, sagte Miersch. „Wir sehen, dass an vielen Stellen die CSDs augenblicklich unter Schutzmaßnahmen stattfinden müssen.“
Auch der Verband der Lesben und Schwulen in der CDU kritisierte Klöckner für ihre Haltung zum Berliner CSD. LSU-Verbandschef Sönke Siegmann sagte am Freitag dem „Stern“: „Ich kann Julia Klöckners Argument der politischen Neutralität verstehen, aber nicht nachvollziehen. Ich hätte mir zumindest eine viel bessere Kommunikation gewünscht.“
Seine Parteifreundin stehe zudem für den Entschluss, anders als in den Vorjahren keine Bundestagsgruppe beim CSD zuzulassen, „zu Recht unter Beschuss“.
Mit Blick auf Klöckner sagte der LSU-Chef: „Die Entscheidung wirkt, als rücke der Bundestag von den Errungenschaften für Schwule und Lesben ab.“ Es entstehe der Eindruck, als würde „das Parlament der Community den Rücken zudrehen“.
Gleichwohl möchte Siegmann die Parlamentspräsidentin und auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) am 26. Juli bei der Veranstaltung sehen.
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