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Bundespolizisten am Grenzübergang zwischen dem bayerischen Freilassing und dem österreichischen Salzburg.

© dpa/Peter Kneffel/Archiv

„Belastung der Bundespolizei weiterhin sehr hoch“: Das ist die Bilanz nach einem Vierteljahr verschärfter Grenzkontrollen

Seit drei Monaten folgen aus der sogenannten Migrationswende härtere Grenzkontrollen. Die Zahl der Zurückweisungen steigt kaum. Derweil warnt die Bundespolizei vor „bedenklichen“ Besetzungslücken.

Stand:

„Law and Order“ wollte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) mit verschärften Kontrollen an den deutschen Grenzen schaffen. Zu Beginn seiner Amtszeit im Mai ordnete er diese bis auf Weiteres an und rief eine Wende in der deutschen Migrationspolitik aus.

Polen reagierte in der Folge mit eigenen Grenzkontrollen – und Kritiker warnten vor einer Überlastung der Bundespolizei. Das ist drei Monate her. Wie ist die Lage infolge der von Dobrindt ausgerufenen „Migrationswende“ heute?

Gibt es tatsächlich mehr Zurückweisungen?

Bei reiner Betrachtung der Zahlen nicht. Der Nachrichtenagentur AFP vorliegenden Zahlen des Bundesinnenministeriums zufolge wurden zwischen 8. Mai und 31. Juli insgesamt 9254 Menschen an den Grenzen zurückgewiesen – das sind pro Woche rund 770.

Die Bundespolizei veröffentlichte zuletzt die Zahl von 9506 – diese beinhaltet neben Zurückweisungen auch wenige sogenannte Zurückschiebungen. Dies ist dann der Fall, wenn Geflüchtete bereits deutschen Boden betreten haben und das Land wieder verlassen müssen.

Mit 770 pro Woche bewegt sich die Zahl der Zurückweisungen etwa auf dem Niveau der ersten vier Monate 2025 sowie des vierten Quartals 2024.

Bundesinnenminister Dobrindt am 15. Mai im bayerischen Kiefersfelden an der Grenze zu Österreich.

© IMAGO/Bihlmayerfotografie/Michael Bihlmayer/Archiv

Dobrindt verweist aber regelmäßig auf die langfristige Wirkung von Grenzkontrollen. Diese führten dazu, dass sich insgesamt weniger Geflüchtete auf den Weg nach Deutschland machten, argumentiert der CSU-Minister.

Wo gab es die meisten Zurückweisungen?

Die meisten Zurückweisungen wurden an der Grenze zu Frankreich registriert, die wenigsten im hohen Norden an der Grenze zu Dänemark. Hier die Übersicht:

  • Grenze zu Frankreich: 2038 Zurückweisungen
  • Grenze zu Polen: 1816 Zurückweisungen
  • Grenze zur Schweiz: 1760 Zurückweisungen
  • Grenze zu Österreich: 1623 Zurückweisungen
  • Grenze zu den Niederlanden: 706 Zurückweisungen
  • Grenze zu Tschechien: 576 Zurückweisungen
  • Grenze zu Luxemburg: 208 Zurückweisungen
  • Grenze zu Belgien: 413 Zurückweisungen
  • Grenze zu Dänemark: 114 Zurückweisungen

Im Mai und Juni kamen die meisten Zurückgewiesenen aus Afghanistan, danach folgten Algerien, Eritrea und Somalia. Für den Juli lag noch keine Aufschlüsselung nach Herkunftsländern vor.

Warnt die Gewerkschaft der Polizei weiterhin vor einer Überlastung der Bundespolizei?

„Weiterhin ist die Belastung der Bundespolizei durch die verstärkten Binnengrenzkontrollen sehr hoch“, sagte der für die Bundespolizei zuständige GdP-Vorsitzende Andreas Roßkopf zur Nachrichtenagentur AFP.

Dienststellen hätten immer noch teils ihre Dienstpläne umgestellt und verzichteten „in großem Umfang auf die Aus- und Fortbildung“, fügte Roßkopf hinzu. „Auch werden Dienstbefreiungen zum Abbau von Überstunden nur restriktiv gegeben.“

Zum Start in die Sommerferien gab es am Grenzübergang von Frankfurt (Oder) ins polnische Slubice lange Staus.

© dpa/Patrick Pleul/Archiv

Laut Bundesinnenministerium wurde die Zahl der täglich an den Grenzen eingesetzten Kräfte mit Beginn der verschärften Kontrollen von zuvor 11.000 auf 14.000 erhöht. Das ist knapp ein Drittel des gesamten Personals der Bundespolizei. Die Bundesregierung betonte stets, dass die Maßnahme nicht auf Dauer aufrechtzuerhalten ist.

Fehlt jetzt das Personal an Flughäfen und Bahnhöfen?

Kritiker haben das befürchtet. Wegen der Sommer-Reisewelle herrscht dort Hochbetrieb – mit viel Arbeit für die Polizei. Das Innenministerium hält die Kräftezahl an Flughäfen und Bahnhöfen „aus einsatztaktischen Gründen“ geheim.

Laut GdP ist die Besetzung im Vergleich zum vergangenen Jahr „fast identisch“. Zugleich räumt GdP-Vertreter Roßkopf ein: „Aber natürlich fehlen hier die Unterstützungkräfte aus der Bereitschaftspolizei und den mobilen Einheiten.“

„Gerade mit Blick auf die nun beginnenden Fußball-Ligen, mit dem hohen An- und Abreiseverkehr der Fußballfans im Bahnbereich, werden hier genau diese Unterstützungskräfte dringend gebraucht“, warnte der Gewerkschaftler. Seit einigen Jahren fehlten alleine an den mehr als 5700 Bahnhöfen und Haltepunkten gut 4000 Kräfte.

Roßkopfs Prognose zufolge sind in der Folge Besetzungslücken möglich. „Bei der steigenden Kriminalität an den Bahnhöfen und der zunehmenden Gewaltbereitschaft bei den reisenden Fußballfans ist dies aus unserer Sicht durchaus bedenklich“, sagte Roßkopf.

Das Innenministerium gibt dagegen Entwarnung: „Es ist sichergestellt, dass die Bundespolizei ihre gesetzlich zugewiesenen Aufgaben erfüllt.“

Wie wirken sich die Grenzkontrollen auf die Überstunden aus?

Das ist pauschal schwer zu sagen. Bis 30. Juni hat die Bundespolizei laut Ministerium 2,9 Millionen Überstunden angehäuft. Diese Zahl dürfte durch die Mehrbelastung an den Grenzen gestiegen sein.

Den Großteil der Überstunden schieben die Beamtinnen und Beamten aber schon seit Jahren vor sich her: Zum 31. März 2025 hatte die Zahl bereits bei 2,4 Millionen gelegen.

Eine Aufschlüsselung nach Anlass der von der Bundespolizei geleisteten Überstunden – auch der seit 8. Mai angefallenen – findet nicht statt. (AFP)

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