
© dpa/Rolf Vennenbernd
Trotz Warnung vor Gesundheitsgefahren: Bundespolizei soll Taser bekommen
Mit Elektroschockpistolen lassen sich Angreifer vorübergehend außer Gefecht setzen. Die Bundesregierung will die Bundespolizei nun mit den Geräten ausstatten. Dabei gibt es schon lange Kritik.
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Bundespolizisten sollen nach dem Willen der Bundesregierung künftig flächendeckend sogenannte Taser einsetzen dürfen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf beschloss das Kabinett in Berlin. Der Bundestag muss noch zustimmen.
„Wenn man eine Person beispielsweise mit einer Schlag- oder Stichwaffe auf Distanz halten muss, dann ist der Taser eine mögliche Wahl der Mittel“, sagte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU).
Die Taser sind durch ihre gelbe Signalfarbe deutlich von Polizeipistolen zu unterscheiden. Sie verschießen aus der Distanz von einigen Metern Drähte mit pfeilförmigen Projektilen. Diese verhaken sich in der Haut und übertragen für kurze Zeit schmerzhafte Stromstöße, die das Nervensystem der Getroffenen angreifen und diese sofort für einige Sekunden außer Gefecht setzen – üblicherweise und im Gegensatz zur Schusswaffe ohne erhebliche gesundheitliche Nachwirkungen. Damit soll der Einsatz von Pistolen vermieden werden.
Gefahr für Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Die Bundespolizei testet verschiedene Modelle der Taser seit 2020 in der Praxis. „Rund 200 speziell geschulte Einsatzkräfte haben die Geräte bei über 40.000 Einsätzen mitgeführt“, teilte das Bundesinnenministerium dazu mit. „In 132 Fällen wurde der Einsatz angedroht, in 16 Fällen kam es zur tatsächlichen Anwendung.“ Der Taser werde auf Grundlage dieser Erfahrungen als „wirkungsvolle Ergänzung im Einsatzmittelkatalog“ angesehen.
In den USA sind die Elektroschockgeräte seit langem im Einsatz. In Deutschland werden sie seit einigen Jahren in inzwischen zehn Bundesländern von Polizisten im regulären Streifendienst eingesetzt, einige Länder lehnen die Einführung jedoch weiterhin ab und verweisen auf Nachteile der Elektroschockpistolen.
Kritiker schätzen die Gesundheitsgefahren etwa für Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen als zu hoch ein, das Gleiche könnte für unter Einfluss von Drogen stehende Menschen gelten. Für die Polizistinnen und Polizisten könnte zudem die Wahl des geeigneten Einsatzmittels in gefährlichen Situationen zu zusätzlichem Stress führen, führen Skeptiker an. Der Deutsche Anwaltverein fordert darum klare Regeln etwa zu Zahl und Dauer der angewendeten Elektroschocks.
Kosten von mehreren Millionen Euro
Dobrindt betonte am Mittwoch jedoch, dass besonders aus Reihen der Polizei die Einführung der Taser nachdrücklich gefordert worden sei. Er verwies zudem auf die „hohe deeskalierende Wirkung“ der Geräte, deren Androhung alleine oft Angreifende zur Ruhe bringe.
„Einsatzkräfte müssen über alle Einsatz- und Führungsmittel verfügen, um effektiv und gleichzeitig verhältnismäßig vorgehen zu können“, heißt es im Gesetzentwurf. Der Einsatz der Schusswaffe sei dabei stets das letzte Mittel.
„Um ein möglichst abgestuftes Vorgehen bei der Anwendung des unmittelbaren Zwangs zu gewährleisten, können Distanz-Elektroimpulsgeräte, umgangssprachlich auch Elektroschockpistolen oder Taser genannt, eingesetzt werden“, heißt es weiter im Gesetzentwurf, der die präventive Wirkung der Geräte unterstreicht.
Dobrindt zufolge sollen zunächst im Laufe der nächsten Jahre 10.000 Geräte angeschafft werden. 2025 seien dafür 5 Millionen Euro eingeplant, für die Folgejahre jeweils die gleiche Summe, die bei Bedarf aufgestockt werden könne. (dpa/AFP/KNA)
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