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Der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer auf einer Pressekonferenz zu Afghanistan im August 2021.

© AFP/Tobias Schwarz

Beobachtung der AfD als „Verdachtsfall“: Seehofer ließ offenbar Verfassungsschutz-Gutachten schönen

Das Gutachten über Aussagen der AfD war Innenminister Seehofer nicht recht, so ein Bericht. Vor allem dort, wo sie sich mit seinen eigenen deckten.

Das Bundesinnenministerium hat Formulierungen eines Gutachten des Verfassungsschutzes abschwächen lassen, in dem es um die mögliche Beobachtung der AfD als rechtsextremen „Verdachtsfall“ geht. Dies berichtet die „Süddeutsche Zeitung“ unter Verweis auf zwei Versionen des Gutachtens: einer, die der Verfassungsschutz-Chef Thomas Haldenwang am 19. Januar 2021 in kleiner Runde dem Innenminister Horst Seehofer (CSU) vorgestellt habe – und der von seiner Behörde am 22. Februar genehmigten Fassung.

Obwohl Seehofer stets betont habe, die Arbeit am 800 Seiten umfassenden Gutachten den Fachleuten des Verfassungsschutzes überlassen zu wollen, seien bis zur Genehmigung zum Teil entscheidende Änderungen vorgenommen worden – und zwar vor allem dort, wo Seehofers eigene Nähe zu extrem rechten Slogans eine kritische Bewertung unbequem gemacht habe.

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Die Verfassungsschützer hätten etwa den Satz „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“ im zweiten Gutachten deutlich vorsichtiger kritisiert als im ersten. Zuerst hätten sie in Hinblick auf die besonders radikale Thüringer AfD geschrieben: „Aus der Annahme, der Islam könne grundsätzlich nicht zu Thüringen gehören und dort nicht beheimatet sein, folgt, dass auch muslimische Bürgerinnen und Bürger nicht zu Thüringen gehören könnten.“

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Im zweiten Gutachten heiße es dann jedoch einschränkend, eine solche Annahme begründe „isoliert betrachtet noch keine Verfassungsschutzrelevanz“. Nur im Kontext anderer pejorativer Aussagen über Muslime verstoße sie gegen deren Menschenwürde. Kein Wunder: Seehofer selbst hatte am 16. März 2018 der „Bild“-Zeitung den Satz gesagt: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland.“

Ministerium verteidigt „Fachaufsicht“

Auch habe der Verfassungsschutz seine Einschätzung der Migrationsfeindlichkeit der AfD relativieren müssen. Im geschönten Gutachten lese sich das so: „Das Eintreten für eine restriktive Einwanderungspolitik ist für sich genommen verfassungsschutzrechtlich unbeachtlich, auch wenn damit die nationale kulturelle Identität, Sprache und Brauchtum geschützt werden sollen.“

Ebenso sei die „Behandlung von Sachthemen wie die Entwicklung von Parallelgesellschaften“ unproblematisch, solange damit nicht propagiert werde, „das deutsche Volk in einem ‚ethnisch-kulturellen Bestand‘ zu erhalten“.

Das Innenministerium besitze „bei gewichtigen Vorgängen im Rahmen der Fachaufsicht zumindest eine Plausibilitätsprüfung“, zitiert die „Süddeutsche“ einen Sprecher des Innenministeriums dazu. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln über die Beobachtung der AfD steht noch aus. (Tsp)

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