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Stefanie Hubig (SPD), Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz, gibt ein Interview.

© dpa/Michael Kappeler

„Beratung aber weiterhin verpflichtend“ : Hubig zeigt sich bei Abtreibungen offen für Aufhebung der Rechtswidrigkeit

In der Bundesrepublik sind Schwangerschaftsabbrüche in den ersten drei Monaten rechtswidrig, bleiben aber straffrei. Die Justizministerin kann sich bei dem strittigen Thema Änderungen vorstellen.

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Das Abtreibungsrecht ist in Deutschland heftig umstritten. Bundesjustizministerin Stefanie Hubig hat nun deutlich gemacht, dass sie für eine Aufhebung der Rechtswidrigkeit von Abtreibungen in den ersten drei Monaten plädiert. „Es ist ausgesprochen wichtig, beides angemessen zu berücksichtigen, das Selbstbestimmungsrecht der Frau und den Schutz des ungeborenen Lebens“, sagte die SPD-Politikerin der „Süddeutschen Zeitung“

Repräsentative Umfragen zeigten, dass sich eine breite Mehrheit gegen die Rechtswidrigkeit von Schwangerschaftsabbrüchen in den ersten drei Monaten ausspreche – unabhängig von Parteien und Religionen, so Hubig. „Ich persönlich kann dem viel abgewinnen“, sagte die Justizministerin.

Ich finde es bedenklich, wie schwer es heute oft ist, Ärztinnen und Ärzte zu finden, die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen.

Stefanie Hubig, Justizministerin (SPD)

Eine derartige Neuregelung würde nach Ansicht Hubigs auch ein weiteres Problem entschärfen. „Ich finde es bedenklich, wie schwer es heute oft ist, Ärztinnen und Ärzte zu finden, die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen“, sagte die Ministerin. „Das liegt auch an der heute geltenden Konstruktion ‚straffrei, aber rechtswidrig‘“. 

Die Ministerin betonte: „Eine vorausgehende Beratung sollte aber weiterhin verpflichtend sein.“ Denn dahinter stecke „eine schwierige Entscheidung, mit Auswirkungen auf das Leben der Frau, genauso wie auf das ungeborene Kind“.

Hubig äußerte sich auch zur Debatte um die Auslegung des Koalitionsvertrags. In dem Vertrag heißt es zu Abtreibungen: „Wir erweitern dabei die Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung über die heutigen Regelungen hinaus.“

Debatte um Paragraf 218 des Strafgesetzbuchs

Die Ministerin geht davon aus, dass dafür keine Änderung des Paragrafen 218 im Strafgesetzbuch nötig wäre. Auf eine entsprechende Frage sagte Hubig: „Ich glaube, dass sich da Mittel und Wege finden werden. Auch im Gesundheitsministerium sitzen kluge Juristinnen und Juristen.“ Das Gesundheitsressort wird von der CDU-Politikerin Nina Warken geführt.

Die Unionsfraktion sieht sich durch ein Gutachten in ihrer Auffassung bestärkt, dass das Abtreibungsrecht unverändert bleiben sollte. „Eine begrenzte erweiterte Kostenübernahme für Schwangerschaftsabbrüche ist als sozialpolitische Ausnahmeregelung rechtlich möglich, ohne den Paragrafen 218 reformieren und den verfassungsrechtlich gebotenen Schutz des ungeborenen Lebens schwächen zu müssen“, sagte Fraktionsvize Anja Weisgerber (CSU) am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst.

2024 gab es in Deutschland etwa 106.000 Schwangerschaftsabbrüche

Bisher zahlen die Kassen den mehrere hundert Euro teuren Eingriff nur bei medizinischer Indikation oder nach einer Vergewaltigung. Außerdem gibt es die Möglichkeit der Kostenübernahme für Frauen mit besonders geringem Einkommen. Abgewickelt wird dies über die Krankenkassen, die Kosten tragen aber die Bundesländer.

Im Jahr 2024 wurden in Deutschland 106.455 Schwangerschaftsabbrüche gemeldet. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) Anfang April mitteilte, hat sich die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche damit gegenüber dem Vorjahr mit kaum verändert (+0,2 Prozent). Sie lag damit weiterhin über dem Niveau der Jahre 2014 bis 2020, als die Zahl der gemeldeten Fälle stets zwischen rund 99.000 und 101.000 gelegen hatte. (lem)

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