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Gesundheitsminister Lauterbach will das Krankenhaussystem reformieren (Archivbild).

© imago/Future Image/Frederic Kern

Update

Patientenschützer fordern mehr Geld: Union kritisiert Klinikreformpläne als unzureichend

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will das Krankenhaussystem reformieren. Vertreter von Krankenhäusern gehen von Klinik-Schließungen aus.

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Die Union hat die Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zur Reform der Krankenhausfinanzierung als unzureichend kritisiert. Bislang gebe es „nur Ankündigungen, nichts Konkretes“, sagte der CDU-Gesundheitsexperte Tino Sorge am Donnerstag im ARD-„Morgenmagazin“.

Zur geplanten Abkehr vom Fallpauschalensystem sagte Sorge, es könne nicht „alles übern Haufen“ geworfen werden, ohne zu sagen, wie es weitergehen soll. Lauterbach berät am Donnerstag mit Vertretern der Länder und des Bundestags über seine Reformpläne.

Bei dem seit 20 Jahren angewandten Fallpauschalensystem werden unabhängig vom Behandlungsaufwand einheitliche Pauschalen für vergleichbare Fälle gezahlt. Die Folge sei eine „Tendenz zu billigerer Medizin“, sagte Lauterbach im Dezember bei der Vorstellung der Klinik-Reformpläne durch eine von ihm eingesetzte Regierungskommission. Deren Vorschlägen zufolge soll die fallabhängige Vergütung deutlich reduziert werden, aber nicht völlig wegfallen – sonst drohe eine Kostenexplosion für die Krankenkassen.

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Der CDU-Gesundheitspolitiker Sorge sagte, auch im Gesundheitssystem würden „bestimmte betriebswirtschaftliche Anreize“ gebraucht. Es gehe darum, die Fallpauschalen weiterzuentwickeln. Richtig nannte er die vorgeschlagene Einordnung der Krankenhäuser in drei Level, was mit einer entsprechenden Förderung verbunden werden soll. Es gehe darum, dass „nicht mehr jeder alles macht“, sagte Sorge. Die Kliniken müssten „etwas freier von wirtschaftlichen Erwägungen die Leistung erbringen können“.

Sorge schloss nicht aus, dass auch Krankenhäuser geschlossen oder umgewandelt werden müssten. Die Versorgung werde „nicht schlechter, sondern anders“ sein, sagte der Bundestagsabgeordnete.

„Keine Alternative“ zur Reduzierung der Klinik-Standorte

Der Vorstandschef des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Jens Scholz, sprach sich für eine deutliche Reduzierung der Klinik-Standorte aus. Dazu gebe es schon wegen der bestehenden großen Personalprobleme „keine Alternative“, sagte der Bruder von Kanzler Olaf Scholz (SPD) den RND-Zeitungen vom Donnerstag. Er lobte die Pläne der Regierungskommission grundsätzlich, übte aber auch Kritik, zum Beispiel an der geplanten Übergangszeit von fünf Jahren.

„Ich fürchte, dass wir keine fünf Jahre mehr haben“, sagte Scholz mit Verweis auf die immer größer werdenden Personalprobleme. Auch drohten wegen der finanziellen Schwierigkeiten der Kliniken weitere Insolvenzen. „Dabei gehen uns möglicherweise Kliniken verloren, die wir eigentlich brauchen“, warnte der Klinikchef.

DKV-Chef warnt vor Klinik-Sterben

Auch der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, warnte gegenüber dem Nachrichtenportal t-online am Mittwoch, dass das Klinik-Sterben „in diesem Jahr voraussichtlich einen neuen Höhepunkt“ erreichen werde. Der ökonomische Druck, der auf den Krankenhäusern laste, sei gewaltig. 60 Prozent der Krankenhäuser erwarteten für das Jahr 2022 „zum Teil tiefrote Zahlen“. Auch 2023 würden die Kosten der Häuser „doppelt so schnell steigen“ wie die staatlich festgelegten Preise.

Große Krankenhäuser in Ballungszentren setzen sich durch. Kleine Krankenhäuser auf dem Land bleiben auf der Strecke.

Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz

Zudem würden die von der Expertenkommission erstellten Reformpläne auf einer „falschen Grundprämisse“ basieren, sagte Gaß. „Die Reform soll nach Vorstellung der Kommission die aktuellen Mittel nur umverteilen.“ Der von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angekündigte Vorrang der Medizin vor der Ökonomie bleibe bislang ein leeres Versprechen, sagte Gaß.

Patientenschützer fordern mehr Rücksichtnahme auf die Regionen

Patientenschützer forderten vor den Beratungen mehr Rücksichtnahme auf die Regionen. „Große Krankenhäuser in Ballungszentren setzen sich durch. Kleine Krankenhäuser auf dem Land bleiben auf der Strecke. Viel zu oft haben Bund und Länder diesem Spiel freien Lauf gelassen. Das Ausbluten der medizinischen Versorgung in der Region gilt es durch eine Krankenhausreform zu verhindern“, sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, der „Rheinischen Post“ vom Mittwoch.

Der Fokus müsse endlich auf den Patienten liegen, die geplanten Vorhaltekosten und Investitionen hätten diesem Ziel zu folgen. „Gerade im ländlichen Raum brauchen die Menschen passgenaue Angebote bei Schlaganfall, Herzinfarkt, Krebs-Therapie und Altersmedizin. Das wird ohne Zweifel Geld kosten“, erläutert Brysch.

Bayern fordert 15 Milliarden Euro zusätzlich für Kliniken

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek fürchtet bei der Krankenhausreform um die Kompetenzen der Länder. „Es kann nicht riskiert werden, dass durch zentralistische Planung von heute auf morgen bedarfsgerechte Versorgungsstrukturen zerstört werden“, sagte der CSU-Politiker. Notwendige Versorger in der Fläche müssten erhalten bleiben.

Die Änderung des Fallpauschalen-Systems sei grundsätzlich richtig. Aber das Konzept der Reformkommission riskiere mit detaillierten Vorgaben massive Fehlsteuerungen und gefährde Versorgungsstrukturen vor Ort, sagte Holetschek. Für die Krankenhausplanung seien laut Grundgesetz die Länder zuständig.

Zugleich forderte der bayerische Minister vom Bund, die Kliniken bei den Betriebskosten mit jährlich 15 Milliarden Euro zu unterstützen. Eine zukunftsfähige Krankenhausversorgung werde nicht durch reine Umverteilung gelingen: „Der Krankenhausbereich muss mit zusätzlichem Geld ausgestattet werden.“ (AFP/dpa)

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