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Kanzlerin Angela Merkel (rechts) und die britische Premierministerin Theresa May im April 2019.

© Michael Kappeler/dpa

Brexit-Gipfel: Eine Verlängerung ohne Plan darf es nicht geben

Deutschland hat bei einem No-Deal-Brexit viel zu verlieren. Trotzdem sollte auch Kanzlerin Merkel eine Fristverlängerung an Bedingungen knüpfen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albrecht Meier

Wenn man die gegenwärtige Diskussion um eine mögliche Verlängerung der Brexit-Frist verfolgt, kommt einem der Ire Johnny Logan in den Sinn. Logan landete beim Eurovision Song Contest einen Hit mit dem Titel „What’s Another Year“. Sieben Jahre nach dem britischen EU-Beitritt vom Jahr 1973 war das, und angesichts der langen Linien der Zeitgeschichte mag man sich auch mit Blick auf eine mögliche Verlängerung der Brexit-Frist fragen: Was ist schon ein Jahr?

Die Idee, den Briten eine auf maximal zwölf Monate angelegte Verlängerungsfrist anzubieten, stammt von EU-Ratschef Donald Tusk. Würde die Idee umgesetzt, dann würden die Briten wahrscheinlich an der Europawahl teilnehmen und obendrein möglicherweise Neuwahlen oder ein zweites Referendum abhalten. Dies könnte endlich zu einer Klärung der Brexit-Frage beitragen, zu der sich das Unterhaus derzeit nicht in der Lage sieht.

Die EU lässt sich von einer vagen Hoffnung leiten

Es ist die vage Hoffnung auf eine wie auch immer geartete Klärung in der gelähmten britischen Innenpolitik, von der sich die Staats- und Regierungschefs der EU bei ihrem Gipfeltreffen am kommenden Mittwoch voraussichtlich leiten lassen werden. Viele europäische Staats- und Regierungschefs, allen voran Kanzlerin Merkel und Irlands Premierminister Varadkar, wollen einen „harten Brexit“ am kommenden Freitag nicht riskieren und stehen den britischen Verlängerungs-Wünschen grundsätzlich offen gegenüber. Zum einen hat kein anderes Land unter den verbleibenden 27 EU-Staaten bei einem ungeregelten Brexit wirtschaftlich mehr zu verlieren als Deutschland. Und zum anderen würde ein No-Deal-Brexit für den Norden der irischen Insel wieder Grenzkontrollen bedeuten.

May muss beim Sondergipfel am Mittwoch liefern

Trotz dieser verständlichen Motive sollte die EU in dieser Woche einer Verlängerung nur zustimmen, wenn die britische Regierungschefin tatsächlich etwas Neues anzubieten hat. Damit sie eine lange Frist bis maximal ins kommende Jahr hinein erhält, müsse sie schon Neuwahlen oder ein zweites Referendum ankündigen. Für eine kurze Fristverlängerung bis zum 22. Mai – dem Tag vor den Europawahlen – sollte sie zumindest eine belastbare Vereinbarung mit dem Labour-Vorsitzenden Jeremy Corbyn für eine Anbindung Großbritanniens an eine EU-Zollunion in der Tasche haben. Ohne eine echte Gegenleistung Mays muss sich die EU auf einen „harten Brexit“ am kommenden Freitag einstellen.

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