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Die Chipkarten der Krankenkassen sollen in Zukunft umfangreichere Patientendaten speichern können.

© dpa

Bundestag verabschiedet E-Health-Gesetz: Gröhe drückt bei Gesundheitskarte aufs Tempo

Der Bundestag hat am Donnerstag das E-Health-Gesetz verabschiedet. Es soll die digitale Nutzung und den Austausch von Patientendaten mithilfe der Gesundheitskarte fördern.

Seit fast 15 Jahren wird an ihr gebastelt, die Entwicklung hat bereits 1,2 Milliarden Euro verschlungen. Doch bisher hat das Großprojekt elektronische Gesundheitskarte lediglich ein wenig mehr Schutz vor Betrügereien gebracht: Die neuen Versicherungskärtchen tragen nun ein Passfoto des Inhabers. Die versprochenen Online-Anwendungen dagegen stehen immer noch aus.

Um den Beteiligten Beine zu machen, hat sich Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) ein ganzes Bündel von Vorgaben, Fristen, Anreizen und Sanktionen ausgedacht. Am Donnerstagabend verabschiedete der Bundestag sein sogenanntes „e-Health-Gesetz“ mit den Stimmen der Koalition.

Ziel des Ganzen ist es, die Akteure im Gesundheitswesen besser miteinander zu vernetzen und Patientendaten schneller abrufbar zu machen. Gröhes „Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen“ gibt dafür nun einen verbindlichen Fahrplan vor.

Im Sommer 2016 soll es richtig losgehen

Ab Mitte 2016 soll es möglich sein, die Versichertenstammdaten online abzugleichen und zu aktualisieren. Ab Oktober 2016 erhalten Patienten, die mindestens drei verschiedene Arzneimittel einnehmen müssen, Anspruch auf einen Medikationsplan in Papierform – ab 2018 soll dieser auch elektronisch zugänglich sein.

Bis 2018 soll es die Industrie zudem hinbekommen, dass alle wichtigen Notfalldaten auf Wunsch des Patienten auf der Karte gespeichert werden können – etwa zu Allergien, Arzneiunverträglichkeiten, Implantaten oder Vorerkrankungen. Bis Ende 2018 sollen dann auch die Voraussetzungen für den Austausch von elektronischen Arztbriefen, Röntgenbildern oder Impfpässen geschaffen sein. Und um die Digitalisierung voranzutreiben, erhalten niedergelassene Mediziner und Krankenhäuser, die mit elektronischen Notfalldaten und Entlassbriefen arbeiten, schon ab 2017 eine gesonderte Vergütung.

Kassen sorgen sich um Strafzahlungen

Bei Verzögerungen dagegen drohen der Betreibergesellschaft Gematik, in der sich Krankenkassen, Ärzte, Kliniken und Apotheker zusammengeschlossen haben, finanzielle Sanktionen. Und da diese nach aktuellem Stand keineswegs ausgeschlossen sind, wirken manche der Beteiligten hochnervös. Der Spitzenverband der gesetzlichen Kassen beispielsweise warnt schon mal vor solchen Strafen. Dadurch wäre auch die Handlungsfähigkeit „zum Beispiel bei der Umsetzung der Pflegereform oder der Weiterentwicklung des Leistungskatalogs im Gemeinsamen Bundesausschuss direkt gefährdet“, sagt Verbandschefin Doris Pfeiffer. Und am Ende müssten dann Versicherte und Beitragszahler „anstelle der Industrie büßen“.

Der Verband der Ersatzkassen äußert sich positiver. Nach den Milliarden-Investitionen müssten die Versicherten jetzt endlich auch mal einen „Profit“ erhalten, drängte Verbandschefin Ulrike Elsner. Deshalb dürfe es „nun keine weiteren Verzögerungen mehr geben“. Gleichzeitig betonte sie, dass die Chancen der „Nutzung der Telematikinfrastruktur als Datenautobahn“ mit dem vorliegenden Gesetz „sicher noch nicht ausgeschöpft“ seien.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen lobt das Gesetz. Bislang seien Ärzte in Deutschland „alles andere als gut vernetzt“, sagt Vorstand Klaus Müller. Und kaum jemand werde nur von einem Arzt behandelt. „Bessere Kommunikation in der Gesundheitsversorgung erspart Doppeluntersuchungen und hilft Fehler zu vermeiden, die lebensbedrohliche Folgen haben können.“ Wichtig sei aber, dass die Patienten Zugang zu ihren Daten erhielten und sich mit ihren Ärzten austauschen könnten.

"Eher eröffnet der BER, als dass die Gesundheitskarte funktioniert"

Dagegen zeigte sich die Stiftung Patientenschutz reserviert. „Eher eröffnet der Flughafen Berlin/Brandenburg, als dass die elektronische Gesundheitskarte 2018 im Markt steht“, lästert Vorstand Eugen Brysch. Es seien weitere Milliardenkosten zu befürchten, die Zeche zahlten die Versicherten. Und der Gewinn für die Patienten sei „mehr als fraglich“. Schließlich sei auch in Pflegeheimen und Kliniken wo man die Arzneidaten genau kenne, Mehrfach-Medikation üblich. Ein Drittel der über 65-Jährigen erhalte mindestens fünf Mittel pro Tag. „Solange die Ärzte nicht verantwortlich Medikamente verschreiben, helfen auch die Daten auf der elektronischen Gesundheitskarte nichts.“

Im Bundestag gab es ebenfalls Kritik. Maria Klein-Schmeink, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, lobte zwar den möglichen Nutzen für Patienten, nannte aber die Regelungen zum Datenschutz nicht ausreichend. Auch Kathrin Vogler (Linke) bezweifelte, dass eine derartige „Mega-Datensammlung“ genügend gesichert werden könne. Am Ende enthielten sich die Grünen, die Linke stimmte dagegen.

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