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Charterflüge und 1000 Euro Bargeld: CDU will nach Sturz Assads Rückkehr von Syrern fördern
Entfällt mit dem Sturz des syrischen Diktators der Asylgrund für viele Syrer in Deutschland? Die Union will darüber debattieren und Anreize für Rückkehrwillige setzen.
Stand:
Nach dem Sturz des syrischen Diktators Assad sprechen sich Unionspolitiker für verstärkte Rückführungen und eine Unterstützung von rückkehrwilligen Syrern aus. Österreich scheint einen ähnlichen Weg zu gehen, denn dort wies der Innenminister am Montag sein Ressort an, „ein geordnetes Rückführungs- und Abschiebeprogramm nach Syrien vorzubereiten.“
CSU-Chef Markus Söder hat einen ähnlichen Ansatz auch in Deutschland gefordert. „Es muss sogar überlegt werden, wie eine stärkere Rückführung in die syrische Heimat vieler Menschen möglich ist“, sagte Söder am Montag im Anschluss an eine Vorstandssitzung der CSU in München. Er habe nach dem Umsturz am Wochenende viele Stimmen syrischer Flüchtlinge gehört, die wieder zurückwollen – „dies sollte man unterstützen“.
Die Bundesregierung will nach dem Sturz von Syriens Machthaber Baschar al Assad noch keine Neubewertung zum Umgang mit syrischen Flüchtlingen in Deutschland vornehmen. Die Lage in Syrien sei derzeit noch „viel zu dynamisch“, um jetzt schon eine Entscheidung zu treffen, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts am Montag in Berlin.
Das Amt werde aber den Asyllagebericht zu Syrien im Lichte der jüngsten Entwicklungen aktualisieren, „sobald sich der Staub ein wenig legt“, kündigte der Sprecher an. Einen Zeitpunkt wollte er nicht nennen. Er fügte hinzu: „Ob diese neue Lage im Ergebnis zu neuen Flüchtlingsbewegungen führt oder ob sich im Gegenteil bei einer Stabilisierung der Lage für Vertriebene und Geflüchtete langfristig die Möglichkeit eröffnet, in ihre Heimat zurückzukehren, das wird sich zeigen.“
Union stellt subsidiären Schutz infrage
Thorsten Frei, parlamentarischer Geschäftsführer der Union, sieht auch in Deutschland keinen Grund mehr, Syrern subsidiären Schutz zu gewähren. Im Interview mit „Welt“ verwies er auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts in Münster, demzufolge es nicht uneingeschränkt für alle Syrer einen sogenannten subsidiären Schutz in Deutschland gibt, weil es nicht überall in Syrien gleichermaßen gefährlich für alle sei.
Nach dem Sturz des syrischen Machthabers Assad, „vor dem die Menschen ja überwiegend geflohen sind, gilt das eben zweimal nicht“, argumentiere Frei. Wenn der Schutzgrund entfalle, dann müssten Flüchtlinge auch wieder in ihr Heimatland zurückkehren.
Auch CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt rechnet nach dem Sturz Assads damit, dass viele syrische Flüchtlinge Deutschland wieder verlassen und in ihre Heimat zurückkehren werden müssen. Dies wäre ein Gewinn für Syrien, aber auch für die deutschen Sozialkassen, sagte Hardt am Montag im ZDF-„Morgenmagazin“. Behörden und Gerichte müssten nun entscheiden, inwiefern sich die Lage verändert habe.
.„Ich glaube, dass man zu einer Neubewertung der Lage in Syrien kommen wird und damit auch zu einer Neubewertung der Frage, wer bei uns Schutz suchen darf und wer nicht“, sagte Hardt. Das werde sich in den nächsten Wochen entscheiden.
„Wenn wir jetzt als Europäische Union und als Deutschland das Richtige tun, haben wir eine Chance, konstruktiv und aktiv mitzuwirken, mit dem Ergebnis, dass viele Flüchtlinge zurückkönnen“, so Hardt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) müsse dazu rasch das Gespräch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan suchen.
Spahn will Rückkehrwillige aktiv unterstützen
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Auch der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jens Spahn, hat sich dafür ausgesprochen, dass die Bundesregierung syrische Flüchtlinge unterstützt, die nach dem Sturz Assads in ihr Heimatland zurückkehren wollen. Außerdem forderte er eine internationale Wiederaufbaukonferenz mit deutscher Beteiligung für das Land.
„Wie wäre es, wenn die Bundesregierung sagt: Jeder, der zurück will nach Syrien, für den chartern wir Maschinen, der bekommt ein Startgeld von 1000 Euro“, so Spahn am Montag im RTL/ntv Frühstart. Zudem sollte Deutschland zusammen mit Österreich, der Türkei und Jordanien – das sind die vier Länder, die die meisten syrischen Flüchtlinge aufgenommen haben – für das Frühjahr eine Wiederaufbau- und Rückkehrkonferenz planen, so Spahn weiter.
Unionsfraktionsvize Andrea Lindholz (CSU) hatte in der „Rheinischen Post“ ferner den Stopp der weiteren Aufnahme syrischer Flüchtlinge gefordert. Sollte es irgendwann zu einer Befriedung in Syrien kommen, entfalle für viele Syrer auch „die Schutzbedürftigkeit und damit der Grund für ihr Aufenthaltsrecht in Deutschland“.
Kritik kommt von den Grünen
Der Grünen-Europapolitiker Anton Hofreiter hingegen hat davor gewarnt, härter gegen syrische Flüchtlinge in Deutschland vorzugehen. „Es ist vollkommen unklar, wie es jetzt in Syrien weitergeht“, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Überlegungen, nach dem Sturz von Assad unsere Migrationspolitik zu verändern und härter gegen syrische Geflüchtete vorzugehen, sind völlig fehl am Platz.“
Die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Katrin Göring-Eckardt (Grüne), hat vor vorschnellen Forderungen nach Abschiebung syrischer Asylbewerber gewarnt. Die Debatte beginne zu früh, sagte Göring-Eckardt am Montag im rbb24 Inforadio. Anderthalb Tage nach dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al Assad finde sie dies „eine unangemessene innenpolitische Debatte“.
Viele der Syrerinnen und Syrer in Deutschland und den Nachbarregionen erwögen, so schnell wie möglich in ihr Land zurückzukehren, sagte die Grünen-Politikerin. Kindern, die hier zur Schule gingen, zu sagen, „aber ihr müsst jetzt übermorgen zurückkehren, führt natürlich zu einer Unsicherheit, die ich nicht sehr sinnvoll finde“.
Göring-Eckardt ging aber davon aus, dass über kurz oder lang eine Debatte über Rückführungen geführt werden müsse. „Selbstverständlich wird es so sein, dass, wenn das ein sicheres Land ist, dass dann Menschen zurückkehren sollen und auch werden“, sagte sie. „Und das ist eine Debatte, die wir dann führen können, aber nicht anderthalb Tage nachdem in einer großen Instabilität und in einer großen Hoffnungsperspektive erst mal geschaut werden muss, was da wirklich passiert.“
Auch die FDP rät zum Abwarten
Agnes Strack-Zimmermann, Verteidigungspolitikerin der FDP, findet den Zeitpunkt verfrüht, jetzt schon über eine Rückkehr von Syrern zu sprechen. Im Interview mit „Welt“ sagte sie: „Wir haben die Bilder gestern erlebt, dass die Menschen dort glücklich sind, dass dieser Verbrecher weg ist. (…) Jetzt just in diesem Augenblick die Diskussion aufzumachen, ob man Syrer abschieben kann oder sofort abschiebt, ist schon ein bisschen schräg.“
Allerdings gebe es in der Tat viele Syrer, die in ihre Heimat zurückkehren wollten. Andere, die sich hier integriert haben, seien in Deutschland hingegen gut aufgehoben: „Wir sollten jeden Schritt einzeln wägen und schauen, was kann Deutschland, was kann Europa erreichen, damit die Menschen eine Perspektive in Syrien haben“, so Strack-Zimmermann. (Trf mit Agenturen)
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