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CSU-Chef Horst Seehofer trifft Wladimir Putin in Moskau - die Reise war umstritten.

© Alexei Nikolskydpa

Update

CSU-Chef bei Wladimir Putin: Horst Seehofer will Lockerung der Sanktionen gegen Russland

Horst Seehofer wird von den Russen behandelt wie der nächste deutsche Kanzler. Mit Wladimir Putin tauscht er Nettigkeiten aus und spricht über die Sanktionen des Westens.

Erst gab es einen festen Händedruck, dann lächelten beide. Bei Horst Seehofer war es ein zufriedenes Lächeln, bei Wladimir Putin ein eher verhaltenes. Der Kremlchef vermied auch den Blickkontakt zu seinem Gast. Schließlich war es kein Staatschef, der am Mittwoch nach Moskau kam. Nach russischem Politikverständnis bewegt sich Bayerns Ministerpräsident in etwa auf der gleichen Umlaufbahn wie die Verwaltungschefs der 83 russischen Regionen. Doch der Freistaat Bayern und dessen Führungspersonal haben traditionell immerhin einen kleinen Sonderstatus. Und so sagten die Akteure dann auch das, was der jeweils andere gerne hören wollte.

Präsident Putin dankte dem CSU-Chef für dessen Anstrengungen bei der Normalisierung der Beziehungen zwischen Deutschland und Russland. Horst Seehofer warb dafür, die westlichen Sanktionen gegen Russland „in überschaubarer Zeit“ zu lockern. Man müsse sehen, wie man realistisch von den Strafmaßnahmen wegkomme, „in Schritten oder in einem Schritt“, sagte er. Seehofer hat daran besonderes Interesse. Denn durch Moskaus Gegensanktionen haben sich Bayerns Russland-Exporte halbiert. Um das zu korrigieren, will Seehofer am Donnerstag auch mit dem Industrie- und dem Wirtschaftsminister sowie mit Moskaus Oberbürgermeister reden.

Zweifel an Kanzlerin Merkel

Bei Putin wies er noch darauf hin, dass Bayern von vielen Dingen betroffen sei, die sich derzeit in der Welt abspielten. Von den Entwicklungen in der Ukraine und in Syrien etwa, aber auch von Europas Flüchtlingsproblem. All das könne nur gemeinsam bewältigt werden – also mit Russland. Dass Putin Seehofer überhaupt empfing, hat vor allem damit zu tun, dass Moskau ihn gern als Gegenspieler der durch die Flüchtlingsproblematik unter Druck geratenen Bundeskanzlerin wahrnimmt. Das Staatsfernsehen berichtet täglich über unhaltbare Zustände in den Erstaufnahmeeinrichtungen und suggeriert dem Zuschauer, das Deutschland überfordert sei. Die amtliche Nachrichten-Agentur Tass fragte Seehofer sogar, ob er tatsächlich gegen die Regierung klagen werde.

Der russische Präsident Wladimir Putin empfängt den bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer und den der ehemaligen bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber in seiner Residenz.
Der russische Präsident Wladimir Putin empfängt den bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer und den der ehemaligen bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber in seiner Residenz.

© Sven Hoppe/dpa

Durchaus seriöse Politikwissenschaftler in Russland zweifeln nicht nur an einer weiteren Legislaturperiode von Angela Merkel, sondern auch daran, ob sie bis zu den nächsten Bundestagswahlen 2017 durchhält. Der Kreml wäre, auch weil Seehofer zuweilen Putins konservativen Wertekanon teilt, nicht unglücklich, wenn der Bayer beim Gerangel um die Merkel-Nachfolge das Rennen machen würde. Putins Möglichkeiten für eine Wahlkampfunterstützung sind allerdings begrenzt.

So redete er mit Horst Seehofer auch mehr über Wirtschaft als über internationale Politik. Als Gesprächspartner für die große Politik war an diesem Tag auch jemand anderes gekommen: Der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger, den Wladimir Putin kurz nach Seehofer traf. Russische Deutschland-Experten hatten schon vor dem Treffen vor zu hohen Erwartungen gewarnt. Schließlich werde deutsche Außenpolitik trotz Föderalismus immer noch in Berlin und nicht in München gemacht.

Treffen habe keinen "Verschwörungscharakter"

Seehofer selbst verteidigte seine Moskau-Reise gegen Kritik und verwies auf seinen Amtseid. „Jeder Ministerpräsident hat die verdammte Pflicht, sein Land überall auf der Welt zu vertreten.“ Vorwürfe, er lasse sich von Putin instrumentalisieren oder betreibe „Nebenaußenpolitik“ gegen Kanzlerin Angela Merkel, wies Seehofer erneut zurück. Derlei Kritik sei „flach“, die könne er nicht ernst nehmen. „Wir haben so intensiv über diese Reise gesprochen, stufen sie beide - die Kanzlerin und ich - als ein Stück Normalität und Selbstverständlichkeit ein.“ Man habe gleichgerichtete Interessen. „Wir machen keine Machtspielchen.“

Auch die Führung in Moskau betonte, das Treffen trage keinen „Verschwörungscharakter“. Die Position Seehofers, der die Sanktionen kritisch sehe, sei der russischen Regierung natürlich näher als die Position von Befürwortern der Strafmaßnahmen, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. „Man muss hier aber keine Verschwörungen oder Pläne suchen.“ Das Gespräch mit Seehofer sei „eine wichtige Begegnung“. (mit dpa)

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