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Der Kanzler in Dresden: Als Merz weiterzieht, gehen die Proteste los
Kanzler Friedrich Merz setzt die Reihe von Antrittsbesuchen am Dienstag in Dresden fort. Es dominiert das Thema Wirtschaft. Doch seine „Stadtbild“-Äußerung verfolgt Merz bis nach Sachsen.
Stand:
Das Stadtbild von Dresden hat sich im Herbst vergangenen Jahres binnen kürzester Zeit fundamental verändert. Mitten vor der prächtigen Altstadtkulisse stürzte die Carolabrücke in die Elbe. Wie durch ein Wunder kam kein Mensch zu Schaden.
Seitdem ragt gegenüber der sächsischen Staatskanzlei nur noch ein Stumpf von der Straße. Die eingestürzte Brücke ist mittlerweile abgetragen, die Sichtachse auf Brühlsche Terrasse, Frauenkirche und Residenzschloss aus dem Büro des Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) besser als je zuvor.
Vor exakt zwei Wochen hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) eine Debatte ins Rollen gebracht, die auf ein einziges Wort heruntergebrochen werden kann. Das veränderte Stadtbild steht seitdem als Synonym für alles, was in den vergangenen Jahren in Deutschland schiefläuft. In Dresden gehört dazu ohne Zweifel die marode Infrastruktur, die zum Einsturz eines der bedeutendsten Verkehrswege über die Elbe führte.
Auftakt mit dem Steigerlied
Friedrich Merz kam am Dienstag nur partiell in den Genuss der berühmten Sichtachse auf einer der schönsten Altstadt-Ensembles der Bundesrepublik. Kameras und Medienvertreter verdeckten den Blick über die Elbe. Stattdessen begrüßte das Musikkorps der Erzgebirgsstadt Schneeberg den CDU-Politiker mit dem berühmten Steigerlied, das gleich mehrmals hintereinander angespielt wurde. Drei Frauen der sorbischen Minderheit überreichten auf dem roten Teppich als Geschenk Brot und Salz. Im Anschluss nahm der Bundeskanzler an einer Sitzung des sächsischen Kabinetts teil.
Ich glaube, wir können sagen, wir haben einen starken gemeinsamen Geist.
Michael Kretschmer (CDU) über Parteikollege und Bundeskanzler Friedrich Merz
Für den Kanzler ist es kein einfacher Besuch. Gerade im Osten der Republik haben viele Christdemokraten noch im Ohr, wie Merz einst mit wirtschaftsliberal-konservativer Politik die AfD zu halbieren versprach, was in den Augen mancher Parteifreunde beides nicht gelungen ist.
Hinzu kommt seine Haltung in der Ukrainepolitik. Selbst sein Parteivize Michael Kretschmer hat dazu, nicht zuletzt unter dem Eindruck des auch in Sachsen sehr populären Rufes nach Friedensverhandlungen mit Russland, eine ganz andere Haltung als die CDU-Spitze um Merz. In Dresden war von Dissenzen nichts zu spüren. Kretschmer hob die Bereitschaft des Kanzlers hervor, sich in allen 16 Bundesländern persönlich vorzustellen „Ich glaube, wir können sagen, wir haben einen starken gemeinsamen Geist“, betonte Kretschmer.
In Dresden erwartete den Bundeskanzler ein voller Terminkalender. Von der Staatskanzlei ging es für den CDU-Politiker weiter zum Besuch der Dresdner Handwerkskammer. Am späten Nachmittag stand schließlich eine Besichtigung des Halbleiterherstellers „GlobalFoundries“ im Dresdner Norden auf dem Programm, bei dem erstmals die Ausbaupläne für das Werk inmitten des sogenannten „Silicon Saxony“ öffentlich vorgestellt wurden.
Jeder dritte in Europa produzierte Chip wird in der Wirtschaftsregion rund um die sächsische Landeshauptstadt mit ihren Tausenden Beschäftigten produziert. Das ist von großer Bedeutung, gerade mit Blick darauf, dass bei Volkswagen wegen chinesischer Lieferbeschränkungen kürzlich Produktionsstopps im Raum standen. In Magdeburg kam unter der Ampel-Regierung eine neue Intel-Fabrik nicht zustande, die Merz wegen der großen Subventionen kritisiert hatte. In Sachsen kann er zeigen, dass Deutschland auch auf diesem Gebiet etwas zu bieten hat.

© Julius Geiler
Ein Besuch ganz im Zeichen der Wirtschaft. Sowohl Kretschmer als auch Merz machten deutlich, dass diese nun im Fokus stehen müsste. Und doch wurden auch in Dresden wieder Assoziationen zur „Stadtbild“-Äußerungen des Kanzlers geweckt. Eine zunächst kleine, linke Demonstration fand vor der Staatskanzlei statt, die Teilnehmerzahl wurde im Laufe des Nachmittags immer größer.
Zwei Rednerinnen kritisierten, Merz würde weibliche Probleme für populistische Zwecke instrumentalisieren. Auf Plakaten wurde die Forderung erhoben, anstelle Migranten für Problem verantwortlich zu machen, lieber Geld in soziale Bereiche zu investieren und Kürzungen im sozialen Bereich zurückzunehmen.
Friedrich Merz war da schon weitergezogen, zur Handwerkskammer. Dem Kanzler dürfte der Termin ganz recht gewesen sein.
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